In Deutschland sind junge Menschen die am stärksten von Armut betroffene Altersgruppe. Etwa 21 Prozent aller Kinder leben dauerhaft oder wiederkehrend in benachteiligten Umständen – eine Folge des Einkommens, Bildungsstands und Berufsstatus ihrer Eltern. Diese Situation beeinflusst ihre Chancen und Entwicklungsmöglichkeiten nachhaltig und erfordert gezielte Unterstützungsmaßnahmen.
Um gesundheitliche Ungleichheiten bei Kindern zu verringern, spielen gezielte Maßnahmen in der Gesundheitsförderung eine zentrale Rolle. Angebote wie die Frühen Hilfen oder sozialraumbezogene Ansätze zeigen hierbei erste Erfolge. Besonders die frühkindliche Bildung in Kindertagesstätten (Kitas) erweist sich als Schlüssel, da sie wichtige Lern- und Entwicklungsprozesse anstößt, die für den späteren Schulerfolg und die allgemeine Lebensgestaltung entscheidend sind.
Das PAKTan-Projekt zielt darauf ab, gesundheitliche Chancengleichheit zu fördern und körperliche Aktivität zu steigern. Während sich PAKTan I auf die Grundlagen der Gesundheitsförderung konzentrierte, untersucht PAKTan II, wie das Programm in größeren und vielfältigeren Kontexten erfolgreich umgesetzt werden kann. Ziel ist es, durch eine umfassende Evaluierung die Umsetzung der Maßnahmen zu optimieren, nachhaltige Schulungskonzepte zu entwickeln und die Lücke zwischen Planung und Praxis zu schließen. Das dreijährige Projekt wird von den Organisationen Gesund.Leben.Bayern, des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention, mit rund 50.000 Euro für die Evaluation sowie dem GKV-Bündnis für Gesundheit in Bayern mit rund 107.000 Euro für die Projektdurchführung gefördert.
Prof. Dr. Filip Mess, Leiter der Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik, betont die Bedeutung des Nachfolgeprojekts: „Dass beide Projektförderer unsere wissenschaftliche Arbeit schätzen, die damit verbundene gesellschaftliche Relevanz anerkennen und mit dem Anschlussprojekt fördern, freut uns sehr. Gerade durch den Rollout und die institutionelle Verankerung können wir zukünftig noch stärker zur Reduktion von gesundheitlicher Chancenungleichheit bei Kindern in Bayern beitragen“.
Philipp Hartmannsgruber, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik, erklärt dazu: „Der Fokus von PAKTan II liegt darauf, die Eigenständigkeit in der Fortbildung zu stärken und ein nahtloses Rollout genau so zu gestalten, wie es ursprünglich in PAKTan I entwickelt wurde – mit dem Ziel, dass möglichst viele Kinder und Fachkräfte von den Maßnahmen profitieren.“ Gleichzeitig analysiert Hartmannsgruber, unter welchen Rahmenbedingungen – etwa in Bezug auf Ressourcen, soziale Milieus sowie städtische und ländliche Gegebenheiten – das Konzept erfolgreich in weiteren Einrichtungen umgesetzt werden kann.
Der Rollout des Programms umfasst 20 Kindertageseinrichtungen und testet zwei verschiedene Ansätze. „Wir vergleichen eine Multiplikatorenschulung, bei der die Fachkräfte das Wissen eigenständig in ihre Kita einbringen, mit direkten Schulungen vor Ort, bei denen die Teams persönlich eingewiesen werden“, erläutert Hartmannsgruber. Ziel ist es herauszufinden, welche Fortbildungsmaßnahme langfristig nachhaltiger und für die Einrichtungen praktikabler ist.
Zur Umsetzung fließen Erkenntnisse aus der Implementierungswissenschaft ein, um deren Wirksamkeit und Nachhaltigkeit systematisch zu evaluieren. Den Auftakt bildet eine Erhebung, bei der die Gesundheitskompetenz der Erzieherinnen sowie ihre Erwartungen an das PAKTan II-Projekt erfasst werden. Ergänzend dazu werden regelmäßig Kurzbefragungen durchgeführt, um die Häufigkeit und Qualität der Umsetzungen zu bewerten. Nach einem Jahr erfolgt eine abschließende Evaluation, um die Kompetenzentwicklung und langfristige Verankerung der Maßnahmen sowie die Effektivität der beiden Fortbildungskonzepte zu vergleichen.
„Die Maßnahmen innerhalb der Kitas behandeln dabei eine Vielzahl von Aktivitäten zur Förderung motorischer Fähigkeiten wie Kraft, Koordination und Ausdauer“, erklärt Philipp Hartmannsgruber. „Beispiele hierfür sind Spiele wie ‚Fangen auf allen Vieren‘, die gezielt die Kraft stärken, oder tägliche Rituale, die den Tag der Kinder motorisch aktiv einleiten. Ergänzt werden diese Ansätze durch saisonale Mottowochen, Elternmodule und Extraaufgaben, die flexibel an die Bedürfnisse der jeweiligen Einrichtung angepasst werden können.“
Das Projekt PAKTan II will mit seinen Ansätzen einen Mehrwert für unterschiedliche Adressaten generieren. Für die Kinder liegt der Fokus darauf, ihre motorische Entwicklung zu fördern, die vor allem nach der Pandemie spürbar eingeschränkt war. Durch die flächendeckende Umsetzung des Vorhabens erhalten mehr Kinder Zugang zu gezielten Maßnahmen, die ihre körperlichen Fähigkeiten wie Kraft und Koordination stärken.
Auch für die Erzieherinnen bringt das Programm Vorteile: Es bietet ein flexibles Angebot mit leicht umsetzbaren Aktivitäten, die auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder abgestimmt werden können. „Gerade bei Kindern mit Defiziten, etwa in der Koordination, haben die Erzieherinnen sofort geeignete Maßnahmen an der Hand, um gezielt zu helfen“, betont Philipp Hartmannsgruber. Langfristig profitieren auch die Trägerorganisationen wie die Arbeiterwohlfahrt Bayern (AWO) von einem evaluierten und praxistauglichen Fortbildungskonzept, das nachhaltig in den Einrichtungen verankert werden kann.
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Kontakt:
Prof. Dr. Filip Mess
Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24520
E-Mail: filip.mess(at)tum.de
Philipp Hartmannsgruber
Professur für Sport- und Gesundheitsdidaktik
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
E-Mail: philipp.hartmannsgruber(at)tum.de
Text: Bastian Daneyko
Fotos: privat