Am 12. Juni 2021 kollabierte der dänische Fußball-Nationalspieler Christian Eriksen im Rahmen der Europameisterschaft 2020 während des Spiels Dänemark gegen Finnland kurz vor Ende der ersten Halbzeit auf dem Platz. Plötzlicher Herztod nennt man das Phänomen, wenn das Herz von einem Moment auf den anderen stehenbleibt. Laut Deutscher Herzstiftung sterben jedes Jahr schätzungsweise 66.000 Menschen in Deutschland am plötzlichen Herztod. Am häufigsten sind Männer davon betroffen.
Das ZDF hat das Thema nun im Rahmen eines Dokumentarfilms, der am 18. Juni ausgestrahlt wurde, mit dem Titel „Die Herztod-Gefahr im Profisport – Tragödie auf dem Rasen“ aufgegriffen. In dem Film lässt Autor Albert Knechtel verschiedene Spieler zu Wort kommen, die selbst bereits einen plötzlichen Herztod erlebt, aber glücklicherweise doch überlebt haben. Unter anderem wird der ehemalige Fußballprofi der Stuttgarter Kickers, Daniel Engelbrecht, porträtiert, der während seiner aktiven Karriere dreimal einen Herzstillstand erlitten hat. Später haben Ärzte dann eine Herzmuskelentzündung und eine chronische Herzrhythmusstörung diagnostiziert. Insgesamt sechs Mal wurde er deswegen am Herzen operiert. Zwar kehrte er mit einem Defibrillator auf den Platz zurück, musste seine Karriere aber aufgrund anhaltender Herzprobleme vorzeitig beenden.
Engelbrecht ist Patient bei Prof. Dr. Martin Halle, dem Leiter des Lehrstuhls für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin, der im Rahmen des ZDF-Films als Experte befragt wird. Während der EURO 2020 war er am Spielort München als „Chief Medical Officer“ (CMO) für die UEFA im Einsatz. Der CMO ist der medizinische Vertreter der UEFA und koordiniert an einem Spieltag alle medizinischen Fragen.
Über den Fall Eriksen wurde der Sportmediziner unmittelbar informiert: „Wir Mediziner waren mit allen Standorten untereinander vernetzt. Ich habe sofort gehört, dass da in Kopenhagen ein Ereignis passiert ist und Eriksen einen plötzlichen Herztod erlitten hat.“
Doch wie wird ein plötzlicher Herztod überhaupt ausgelöst? Dazu erklärt Prof. Halle in der ZDF-Doku: „Dieses Herz hat eine Elektrik. Und wenn diese Elektrik durcheinander kommt und das Herz Rhythmusstörungen hat, die so schnell sind und so flattern, dass das Herz sich gar nicht mehr zusammenziehen kann, damit ist die Zirkulation völlig unterbrochen, es kommt nicht mehr genug Sauerstoff zum Gehirn und dann fällt man um.“
Auch eine Erkrankung mit SARS-CoV-2 kann für Sportler_innen zu Herzproblemen führen. Dr. Fritz Wimbauer, Oberarzt und Leiter der sportmedizinischen Ambulanz am Georg-Brauchle-Ring, untersuchte daher im Rahmen der Dreharbeiten den ehemaligen Fußballprofi Engelbrecht, der sich im Nachgang einer COVID-19-Erkrankung einer Vorsorgeuntersuchung unterzog. „Bei Sportlern und insbesondere jungen Sportlern weiß man aus Studien, dass das Risiko für eine Herzmuskelentzündung bei ungefähr ein bis drei Prozent liegt.“
Auch Prof. Halle warnt vor Herzmuskelentzündungen nach einer Corona-Infektion, die möglicherweise gar nicht erkannt werden: „Trainer und Spieler haben immer mit orthopädischen Verletzungen zu tun gehabt. Jetzt tritt etwas anderes in den Vordergrund, nämlich eine Virusinfektion, die auch verlängerte Verläufe hat und dann eben auch den Herzmuskel betreffen kann. Vielleicht haben sich noch nicht alle darauf eingestellt, müssen es aber. Es ist auch nicht so, dass man die Herzmuskelentzündung immer sofort selbst merkt. Aber den Unterschenkelmuskel, den spürt man.“
Der dänische Fußballspieler Christian Eriksen spielt mittlerweile wieder mit Defibrillator, er gab im Februar 2022 sein Comeback beim englischen Premier-League-Klub FC Brentford. Einen Monat später kam er dann auch wieder für die dänische Nationalmannschaft im Spiel gegen die Niederlande zum Einsatz.
Prof. Halle steht einem solchen Comeback eher skeptisch gegenüber: „Meines Erachtens ist es ein zu hohes Risiko für einen Leistungssportler, Leistungssport zu machen, wenn jetzt so ein Defibrillator eingebaut ist“, warnt der Sportkardiologe. „Bei höchster Belastung, Adrenalin bis an die Grenze, maximaler körperlicher und Herz-Kreislauf-Belastung besteht natürlich die Möglichkeit, dass wieder so ein Ereignis auftritt, wenn es schon einmal aufgetreten ist. Das muss nicht immer so sein, dass der Defibrillator dann hundertprozentig funktioniert und das wäre natürlich ein Desaster.“
Zum ZDF-Dokumentarfilm „Die Herztod-Gefahr im Profisport – Tragödie auf dem Rasen“
Zur Homepage des Lehrstuhls für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin
Kontakt:
Prof. Dr. Martin Halle
Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin
Georg-Brauchle-Ring 56 (Campus C)
80992 München
Tel.: 089 289 24441
E-Mail: sportmed(at)mri.tum.de
Dr. Fritz Wimbauer
Lehrstuhl für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin
Georg-Brauchle-Ring 56 (Campus C)
80992 München
Tel.: 089 289 24441
E-Mail: fritz.wimbauer(at)mri.tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: ZDF