Die MARZY-Studie
Die MARZY-Studie ist eine randomisierte bevölkerungsbezogene Kohortenstudie zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) und wurde von 2005-2012 vom Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (Direktorin: Univ.-Prof. Dr. Maria Blettner) der Universitätsmedizin Mainz gemeinsam mit den niedergelassenen Frauenärztinnen und Frauenärzten in der Stadt Mainz und im Kreis Mainz-Bingen durchgeführt. Die Studienleitung liegt bei Univ.-Prof. Dr. Stefanie J. Klug (Anschrift: Technische Universität München, Lehrstuhl für Epidemiologie, Fakultät für Sport-und Gesundheitswissenschaften, Georg-Brauchle-Ring 56, 80992 München).
Hintergrund
Krebsfrüherkennung in Deutschland
In Deutschland hat jede Frau ab einem Alter von 20 Jahren einmal jährlich ein Anrecht auf eine gynäkologische Krebsfrüherkennungsuntersuchung. Dabei wird, unter anderem, ein zytologischer Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs durchgeführt. Gegenwärtig nimmt höchstens die Hälfte aller berechtigten Frauen dieses von den Krankenkassen finanzierte jährliche Angebot in Anspruch.
Die Erkrankungs- und die Sterberate an Gebärmutterhalskrebs liegen in Deutschland im westeuropäischen Vergleich immer noch hoch. Im Jahr 2010 lag die geschätzte altersstandardisierte (Europastandard) Neuerkrankungsrate bei 9,3 pro 100.000. Ungefähr 4660 Frauen erkranken zurzeit pro Jahr an einem Zervixkarzinom. Davon sind häufig jüngere Frauen betroffen, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 53 Jahren (Robert Koch-Institut (2013): „Krebs in Deutschland 2009/2010”).
Epidemiologische und molekularbiologische Forschung haben in den letzten beiden Jahrzehnten eindeutig gezeigt, dass eine Infektion mit Humanen Papillomaviren (HPV) eine notwendige Ursache für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs darstellt.
Was ist HPV?
Eine Infektion mit HPV (Humane PapillomaViren) ist eine Virusinfektion. Es gibt über 100 verschiedene HPV-Typen, die den Menschen infizieren können. Sie können zum Beispiel zu harmlosen Warzen auf der Haut führen. Einige dieser HPV-Typen infizieren durch sexuellen Kontakt den Genitalbereich. Dort können sie genitale Warzen verursachen (unter anderem HPV 6 und HPV 11). Es gibt allerdings auch HPV-Typen, so genannte Hochrisiko-Typen (unter anderem HPV 16 und HPV 18), die für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs verantwortlich sind.
Ziele der MARZY-Studie
- Untersuchen der Effektivität eines schriftlichen Einladungsmodells zur Erhöhung der Teilnahmerate an der Krebsvorsorge
- Untersuchung der Teilnahme an der Krebsvorsorge
- Untersuchung der Gründe für eine Nicht-Teilnahme
- Schätzung der HPV-Prävalenz in der Bevölkerung
- Beobachtung der HPV-Infektionen und zytologischen Veränderungen über die Zeit
- Vergleich verschiedener Nachweismethoden für HPV-Infektionen
- Vergleich Zytologie und HPV-Nachweis
- Untersuchung zur Kommunikation der Diagnose „HPV-positiv”
Förderung
Die Studie wurde von der Deutschen Krebshilfe gefördert.
Studienablauf
Die MARZY-Studie ist eine randomisierte, bevölkerungsbezogene Interventionsstudie. Insgesamt wurden 9383 Frauen im Alter von 30 bis 65 Jahren zufällig über die Einwohnermeldeämter der Studienregion ausgewählt und angeschrieben.
Ablauf der MARZY-Studie (gelb: Basisuntersuchung, blau: Follow-up)
Die Basisuntersuchung der MARZY-Studie (gelb) wurde in den Jahren 2005 bis 2007 durchgeführt und bestand aus den Modulen 1 und 2. Im Rahmen des Modul 1 wurden zunächst insgesamt 6425 Frauen im Alter von 30 bis 65 Jahren zufällig in zwei Interventionsgruppen randomisiert und eingeladen. Verschiedene Einladungsmodelle zur Steigerung der Teilnahme an der Krebsfrüherkennung wurden getestet.
Die Frauen, die im Modul 1 eine Einladung erhielten, konnten bei einem niedergelassenen Gynäkologen ihrer Wahl am Modul 2 teilnehmen und so einen Studienabstrich erhalten. Der MARZY-Studienabstrich wurde nach der Routinekrebsvorsorge durchgeführt und für Dünnschichtzytologie und HPV-Nachweise verwendet. Des Weiteren haben diese Frauen den Studienfragebogen ausgefüllt und eine Einwilligungserklärung für das Modul 4 gegeben.
Das Follow-up (blau) wurde in den Jahren 2008 und 2012 durchgeführt und bestand insgesamt aus drei Modulen (Modul 3, Modul 4 und Follow-up Modul 2). Im Rahmen des Follow-up Modul 2 wurden alle Frauen, die in der Basisuntersuchung einen Studienabstrich erhalten hatten, von 2008-2010 nochmals zu einem zweiten Studienabstrich eingeladen. Ziel war es, mögliche zytologische Veränderungen und HPV-Infektionen über den Zeitraum von zwei bis drei Jahren zu untersuchen.
Im Rahmen von Modul 3 wurde von 2008-2010 an weitere 2954 Frauen (Kontrollgruppe) aus der Stadt Mainz und dem Landkreis Mainz-Bingen ein Fragebogen und eine Einwilligungserklärung für das Modul 4 versendet. Die Frauen wurden gebeten den Fragebogen auszufüllen und eine Einwilligungserklärung für Modul 4 zu geben. Ein Besuch beim Frauenarzt war für die Kontrollgruppe im Rahmen der MARZY-Studie nicht erforderlich. Auch ein Studienabstrich war für die Kontrollgruppe nicht vorgesehen. Die Angaben der Kontrollgruppe zur Teilnahme an der Krebsvorsorge wurden mit denen der Interventionsgruppe vergleichend ausgewertet.
Zur Untersuchung der tatsächlichen Versorgungssituation zur Krebsfrüherkennung wurden von 2008-2012 im Modul 4 alle während der Basisuntersuchung außerhalb der MARZY-Studie durchgeführten Krebsfrüherkennungsuntersuchungen analysiert.
Datenschutz
Die Unbedenklichkeit des Datenschützers des Rheinland-Pfalz sowie das Votum der Ethikkommission der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz für die Durchführung der MARZY-Studie liegen vor.
Sämtliche Untersuchungen und Datenerhebungen wurden nur bei vorliegender Einwilligungserklärung der Studienteilnehmerinnen durchgeführt.
Kooperationspartner
- Niedergelassene Frauenärztinnen und Frauenärzte in der Stadt Mainz und in der Region Mainz-Bingen sowie in den angrenzenden Gebieten und in der Stadt Wiesbaden
- Frauenklinik der Universitätsmedizin Mainz (damaliger Direktor: Prof. Dr. Kölbl)
- Frauenklinik Katholisches Klinikum Mainz, St. Vincenz und Elisabeth Hospital (Direktor: Prof. Dr. Wiest)
- Institut für Pathologie der Universität Mainz (Direktor: Prof. Dr. Kirkpatrick)
- Prof. Dr. Schmidt, Institut für Pathologie, Mannheim
- Frauenklinik der Charité Berlin, Campus Benjamin Franklin (Prof. Dr. Kühn)
- Dr. Hamm-Harzer, Dr. Hamm, Fachärzte für Gynäkologie und Geburtshilfe, Zytologisches Institut Mainz
- PD Dr. Hans Ikenberg, MVZ für Zytologie und Molekularbiologie Frankfurt GbR (CytoMol)
- Prof. Dr. Meijer, Prof. Dr. Snijders, Department of Pathology at the VU University Medical Center, Amsterdam
Die Landesverbände Rheinland-Pfalz (Sanitätsrat Dr. Harlfinger), Rheinhessen (Dr. Söder) und Hessen-Bezirk Wiesbaden (Dr. Bona) des Berufsverbandes der Frauenärzte e.V. unterstützten die MARZY-Studie.