„Risikofaktoren und primäre Präventionsstrategien des Zervixkarzinoms“ – unter diesem Titel haben Sandra Weinmann und Ordinaria Prof. Dr. Stefanie Klug vom Lehrstuhl für Epidemiologie zusammen mit dem Institut für Medizinische Virologie des Universitätsklinikums Tübingen sowie der Universitätsklinik für Frauenhilfe und Geburtshilfe der Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum einen Aufsatz in „Der Onkologe“ veröffentlicht. Die Zeitschrift behandelt praxisnah Fragen zu Diagnose und Therapie onkologischer Erkrankungen. Sie hat einen Impact Faktor von 0,137.
Gebärmutterhalskrebs ist weltweit die vierthäufigste Krebserkrankung bei Frauen. Im Jahr 2018 starben rund 311.000 Frauen an einem invasiven Zervixkarzinom. Ursache für die Entstehung eines Zervixkarzinoms ist eine anhaltende Infektion mit den sexuell übertragbaren humanen Papillomviren (HPV). Aus diesem Grund empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland eine HPV-Impfung für alle Mädchen und Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren. HPV kann nicht nur Zervixkarzinome verursachen, sondern auch eine Reihe anderer Krebsentitäten, wie Vagina-, Vulva-, Penis-, Anus- und Mundrachenkarzinome. Des Weiteren können genitale Warzen entstehen.
Die aktuelle Publikation dient als Übersichtsartikel, in dem zum einen die Risikofaktoren des Zervixkarzinoms dargestellt werden. Dazu gehört eine Infektion mit HPV, wovon mittlerweile über 225 verschiedene Typen bekannt sind. Bei Frauen wird die weltweite Prävalenz einer HPV-Infektion auf etwa zwölf Prozent geschätzt. Dabei gibt es regionale Unterschiede. In Südafrika liegt der Wert bei 21,1 Prozent, in Europa bei 9,7 Prozent. Insbesondere junge Frauen unter 25 Jahren sind häufig mit HPV infiziert. „Wir haben die Epidemiologie der HPV-Infektionen sowohl international, aber auch mit Blick auf Deutschland zusammengetragen und Inzidenzvergleiche zwischen den Ländern gezogen“, erklärt Prof. Klug die Vorgehensweise.
Als weitere Risikofaktoren für die Entstehung von Gebärmutterhalskrebs gelten häufig wechselnde Sexualpartner, Rauchen sowie die langfristige Einnahme von oralen Kontrazeptiva (mehr als fünf Jahre). Zudem besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Anzahl an Geburten (mehr als sieben) und dem Erkrankungsrisiko. Weiterhin begünstigt ein geschwächtes Immunsystem die Entstehung der Krankheit. Auch andere sexuell übertragbare Infektionen wie „Herpes simplex“ und „Chlamydien“ werden als Risikofaktoren diskutiert.
Zum anderen werden in der Veröffentlichung Präventionsstrategien vorgestellt. Eine der wichtigsten ist dabei die Impfung gegen HPV. Seit 2018 ist die HPV-Impfung für Mädchen und Jungen Bestandteil des Leistungskatalogs aller gesetzlichen Krankenkassen. In Deutschland sind die HPV-Impfraten über die vergangenen Jahre hinweg nur schwach angestiegen. So lag die Impfquote bei 15-jährigen Mädchen im Jahr 2011 bei rund 26,5 Prozent und im Jahr 2015 bei nur rund 31,3 Prozent. Impfquoten von über 40 Prozent mit vollständiger Immunisierung werden erst in einem Alter von 17 Jahren erreicht.
„Wir haben die Impfraten in Deutschland zusammengefasst und mit anderen Ländern verglichen. Als erstes Land weltweit hat beispielsweise Australien 2007 ein schulbasiertes Impfprogramm für Mädchen im Alter von zwölf Jahren eingeführt“, so Prof. Klug. Als Ergebnis konnten Impfquoten von über 80 Prozent erreicht werden. „Deshalb werden seit 2013 dort nun auch Jungen im Alter von zwölf bis 13 Jahren geimpft.“
Die Autoren schlussfolgerten daher, dass durch die Einführung eines organisierten, schulbasierten Impfprogramms auch in Deutschland die Impfquoten deutlich verbessert werden könnten. Nur mit hohen Durchimpfungsraten könne eine HPV-Infektion verhindert und somit langfristig zum Rückgang der Inzidenz des Zervixkarzinoms beigetragen werden.
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Kontakt:
Prof. Dr. Stefanie Klug
Lehrstuhl für Epidemiologie
Georg-Brauchle-Ring 56
80992 München
Telefon: 089 289 24950
E-Mail: sekretariat.klug(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: „Der Onkologe”/Lehrstuhl für Epidemiologie