Dr. Hanna Raif, Sportredakteurin des Münchner Merkur, hat sich am 2. November 2021 den Fragen der rund 40 Studierenden im Rahmen des Moduls „Sportkommunikation und Sportsponsoring“ gestellt. Nachdem die Veranstaltung im letzten Jahr pandemiebedingt online abgehalten werden musste, fand der Vortrag mit anschließender Diskussion unter der Moderation von Prof. Dr. Michael Schaffrath, Leiter des Arbeitsbereichs für Medien und Kommunikation, nun wieder in Präsenz am neuen TUM Campus im Olympiapark statt. Dabei gab Dr. Raif diverse Einblicke in ihren Arbeitsalltag in einer Zeitungsredaktion und sprach auch über Chancen und Herausforderungen für Frauen im Sportjournalismus.
„Im Journalismus geht es um Praxiserfahrung und Schreibkompetenz. Außerdem ist es wichtig, fleißig, kreativ und wissbegierig zu sein. Die Lust auf den Job ist entscheidend.“ So beschreibt Dr. Hanna Raif die wichtigsten Voraussetzungen, die man ihrer Meinung nach erfüllen muss, wenn man im Bereich Sportjournalismus arbeiten möchte. Daneben sind weitere Eigenschaften wie Flexibilität, Fachkenntnisse und Schnelligkeit unabdingbar. „Die Schnelligkeit ist eine der größten Herausforderungen, aber da wächst man rein. Man lernt, schneller zu werden und sich anzupassen.“ Im Gegenzug bietet der Job in der Sportredaktion einer Zeitung für Dr. Raif zahlreiche Vorteile: „Es ist spannend, dass jeden Tag etwas Neues, Unvorhersehbares auf einen zukommt und man am Ende des Tages immer ein abgeschlossenes Produkt in Händen halten kann.“
Einen Negativtrend sieht Dr. Hanna Raif, die ihre Doktorarbeit im Studienschwerpunkt Medien und Kommunikation an der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften zum Thema „Qualität im Sportjournalismus“ geschrieben hat: „Rein journalistisch hat sich die Qualität in den letzten Jahren generell verschlechtert.“ Dr. Raif begründet dies mit dem immer größer werdenden Zeitdruck, dem zunehmenden Stellenabbau und den Online-Medien als härteste Konkurrenz für Print-Journalist_innen. Allerdings habe sie keine Sorge um das Medium Zeitung: „Es wird immer Zeitungen geben. Gut geschriebene Texte werden nie aus der Mode kommen, egal, wo sie abgedruckt oder veröffentlicht werden.“
Eine kritische Entwicklung zeigt sich für Dr. Hanna Raif hingegen auch in der Kontaktaufnahme mit Spielern, Trainern und Funktionären, vor allem im Bereich Fußball. Durch die Verknappung der Zugangswege ist mittlerweile die Trainer-Pressekonferenz vor den Spielen via Zoom noch eine der wenigen Optionen, um O-Töne bzw. Zitate von den Verantwortlichen zu erhalten. „Früher hatten wir im Durchschnitt drei Exklusiv-Interviews mit Spielern pro Saison. In den eineinhalb Jahren, die ich zwischen meinen beiden Elternzeiten gearbeitet habe, war es für mich persönlich gerade einmal ein Interview. Das zeigt die Tendenz.“ Anders gestaltet sich die Situation in sogenannten Randsportarten wie Turnen, Bob, Rodeln und Skeleton, für die Dr. Raif in der Redaktion verantwortlich ist. „Man kommt in solchen Sportarten besser an die Athletinnen und Athleten heran – und die freuen sich, mit Journalist_innen zu sprechen. So macht die Arbeit natürlich viel Spaß.“
Nach Meinung von Dr. Raif, die aktuell als einzige Frau in der Sportredaktion des Münchner Merkur arbeitet, ist die Berufsgruppe der Sportjournalist_innen insgesamt noch sehr männerdominiert. Dabei können vor allem die geforderte Fußballkompetenz und eine gewisse Unverträglichkeit mit dem klassischen Familienleben als wichtige Kriterien für viele abschreckend wirken. Für Dr. Raif lässt sich der Job allerdings sehr gut mit dem Privatleben verbinden: „Der Wille muss da sein, um Job und Familie zu vereinbaren und auf andere Sachen zu verzichten, aber ich mag diese Herausforderung.“ Fehlenden Respekt ihr gegenüber als Frau im Sportjournalismus hat sie bislang nie gespürt, weder in der Redaktion noch von irgendwelchen Sportler_innen: „Ein gutes Verhältnis steht und fällt mit Loyalität. Wenn beide Seiten fair miteinander umgehen, ist der Respekt immer da, egal ob man ein Mann oder eine Frau ist.“
Text & Fotos: Christian Kaiser