Im Jahr 1971 wurde in Deutschland ein Gebärmutterhalskrebs-Screening mittels Zytologie (Pap-Abstrich) für Frauen ab 20 Jahren eingeführt. Seither ist die Inzidenz von Gebärmutterhalskrebs zwar stark zurückgegangen, jedoch ist sie in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf einem stabilen Niveau geblieben. Frühere Studien zeigen, dass eine fehlende oder unregelmäßige Teilnahme an Gebärmutterhalskrebs-Screenings einen erheblichen Risikofaktor für eine Erkrankung darstellt. Daher wurde in Deutschland im Jahr 2020 ein organisiertes Programm initiiert, wodurch Frauen im Alter von 20 bis 65 Jahren alle fünf Jahre schriftlich an das Screening erinnert werden. Zudem wurde die Screening-Methode für Frauen ab 35 Jahren auf einen dreijährigen Turnus umgestellt und zusätzlich zum Pap-Abstrich ein Test auf Humane Papillomaviren (HPV)-Test eingeführt (Cotesting).
Der Lehrstuhl für Epidemiologie von Ordinaria Prof. Dr. Stefanie Klug hat nun im Rahmen der TeQaz-Studie die zytologischen Routineabstriche als Teil des opportunistischen Gebärmutterhalskrebs-Screenings in neun Bundesländern überprüft. Dabei handelt es sich um eine Fall-Kontroll-Studie zur Häufigkeit der Teilnahme an der Krebsvorsorge und zur Qualität der Zytologie. Die Ergebnisse zur Qualität der Zytologie wurden jetzt unter dem Titel „An audit of 1632 routinely collected cervical cancer screening smears from 398 women in Germany: Results from the TeQaz Study“ im „European Journal of Cancer” veröffentlicht. Die Fachzeitschrift hat einen Impact Faktor von 8,4.
„Aus einer früheren Analyse der Studie wussten wir, dass etwa 50 Prozent der Frauen, die an Gebärmutterhalskrebs erkrankt sind, in den zehn Jahren vor ihrer Diagnose mindestens drei Jahre an einem Gebärmutterhalskrebs-Screening in Form eines Pap-Abstrichs teilgenommen haben“, erklärt Dr. Luana Fiengo Tanaka, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Epidemiologie und Erstautorin der Publikation. „Wir haben daher die Hypothese aufgestellt, dass dies auf eine nicht fachgemäße Behandlung von Präkanzerosen, also einer Gewebeanomalie, (nach einem positiven Ergebnis des Pap-Abstrichs) oder auf Präkanzerosen, die beim Screening übersehen wurden (ein falsch-negativer Pap-Abstrich), zurückzuführen sein könnte. Daher haben wir in dieser Studie die Qualität des Screenings in Form des Pap-Abstrichs in Deutschland untersucht. Zu diesem Zweck haben wir 1.632 Pap-Abstriche von 392 Frauen mit und ohne Gebärmutterhalskrebs abgerufen und erneut ausgewertet.“
Die Gesamtprävalenz positiver Ergebnisse lag bei der Routine-Untersuchung bei 4,5 Prozent. Jedoch fanden unabhängige Expert_innen im Rahmen der Überprüfung heraus, dass die Anzahl der positiven Fälle bei 7,7 Prozent lag. Mit Blick auf die vergangenen drei Jahre vor der Diagnose bzw. dem Studienbeginn erhöhte sich diese Prävalenz sogar auf 11,9 Prozent. Dementsprechend zeigten sich deutliche Qualitätsprobleme bei der Auswertung der Pap-Abstriche, wodurch sowohl die Patientinnen als auch die behandelnden Gynäkolog_innen falsch in Sicherheit gewägt wurden. Diese Qualitätsdefizite sind zum einen auf Probleme bei der korrekten Klassifizierung von Abstrichen mit abnormalen Zellen und zum anderen auf eine unzureichende Probenentnahme zurückzuführen.
„Bei dieser Screening-Methode kommt es auf die richtige Entnahme (Form der Technik und Instrumente), Fixierung, Konservierung und Beurteilung an“, so Dr. Tanaka. „Fehler bei nur einem der Schritte können entweder zu einer ungeeigneten Probe oder zu einem falschen Ergebnis führen, wodurch eine Chance zur Prävention von Gebärmutterhalskrebs verpasst wird.“
Die Ergebnisse der Studie zeigen somit, dass der Pap-Abstrich allein als Screening-Methode seine Grenzen hat. Daher schlägt Prof. Klug vor: „Das Gebärmutterhals-Screening sollte sich weg vom Pap-Abstrich und hin zu objektiveren Methoden wie beispielsweise das Primärscreening auf Hochrisiko-HPV bewegen. Dadurch könnte die Erkennung auffälliger Befunde verbessert werden, welche dann weiterverfolgt und gegebenenfalls behandelt werden können, bevor sie sich zu Gebärmutterhalskrebs entwickeln.“
Zur Homepage des Lehrstuhls für Epidemiologie
Zur Publikation „An audit of 1632 routinely collected cervical cancer screening smears from 398 women in Germany: Results from the TeQaz Study“ im „European Journal of Cancer”
Zur Publikation “Impact of opportunities screening on squamous cell and adenocarcinoma of the cervix in Germany: A population-based case-control study” im Journal “PLOS ONE”
Kontakt:
Prof. Dr. Stefanie Klug
Lehrstuhl für Epidemiologie
Georg-Brauchle-Ring 56
80992 München
Tel.: 089 289 24950
E-Mail: sekretariat.klug.epidemiologie(at)mh.tum.de
Dr. Luana Fiengo Tanaka
Lehrstuhl für Epidemiologie
Georg-Brauchle-Ring 56
80992 München
Tel.: 089 289 24960
E-Mail: luana.tanaka(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: “European Journal of Cancer”/Astrid Eckert/TUM/privat