Vom 18. bis 21. August fand am TUM Campus im Olympiapark (CiO) das "Young Leaders Forum" (YLF) der European Athletics (EA) Association statt. Die Veranstaltung bringt seit 2006 alle zwei Jahre im Rahmen der Leichtathletik-Europameisterschaft vielversprechende junge Menschen aus ganz Europa zusammen. Ziel ist es, sich persönlich weiterzuentwickeln und zu vernetzen, die eigenen Führungsqualitäten zu verbessern und gemeinsam den Sport zukunftssicher zu gestalten. Viele der ehemaligen Teilnehmer_innen befinden sich mittlerweile in führenden Positionen der Leichtathletik-Verbände, aber auch in der Politik oder Wirtschaft. Besonderheit der diesjährigen achten Ausgabe war, dass der Leichtathletikverband im Rahmen der European Championships (EC) Munich 2022 das Forum erstmalig Teilnehmer_innen aus anderen Sportarten öffnete und je sechs Vertreter_innen der acht weiteren Sportarten der EC Munich 2022 einlud.
Das diesjährige Programm mit dem Titel „Young Leaders Forum meets Allianz“ (YLF) erstreckte sich über vier Tage und umfasste vor allem unter dem Thema der Nachhaltigkeit Vorträge von Vertreter_innen aus Sport, Politik und Wirtschaft, Networking-Veranstaltungen und Workshops. Dobromir Karamarinov, Präsident von European Athletics, betonte in seiner Eröffnungsrede, dass zukünftige „Leader mutig, enthusiastisch und erfahren“ sein müssten. Das YLF sei die perfekte Gelegenheit, um diese Erfahrungen zu machen und ein Netzwerk aufzubauen. Lord Sebastian Coe, Präsident der World Athletics Association (IAAF), sprach vor allem über die Entwicklung des Internationalen Leichtathletik Verbandes seit dessen Umstrukturierung und Reformen. Aufgrund einer Doping-Affäre der russischen Leichtathletikföderation (ARAF) trat der Vorstand des Verbands im Jahr 2016 vollständig zurück. Infolgedessen gründete der neue Vorstand um Coe die „Athletics Integrity Union“, um mehr Transparenz zu schaffen und das Vertrauen der Mitglieder_innen zurückzugewinnen. Die zwei wichtigsten Fragen seien dabei, wie der IAAF Entscheidungen transparent treffen könne und wer diese Entscheidungsgewalt innehabe. Um diese Fragen zu klären und in Zukunft das Wachstum, die Gleichberechtigung und die Nachhaltigkeit des Leichtathletik-Verbandes zu sichern, seien insbesondere die Teilnehmer_innen und zukünftigen „Leader“ des YLF entscheidend.
Inhaltlich ging es unter anderem um das Eventmanagement der Zukunft, Nachhaltigkeit im Sport und wie Führungskräfte entstehen und handeln sollten. „Leadership“ sei Innovation, deshalb wolle man in die Leiter_innen, Manager_innen, Koordinator_innen, Trainer_innen und Schiedsrichter_innen der Zukunft investieren, denn diese setzen den Standard für den Sport und die Wettkämpfe. Man verfolge vor allem Diversität, Offenheit und Selbstverantwortlichkeit. Die Teilnehmer_innen sollen die Fähigkeit erhalten, sich zu vernetzen, den Sport zu formen, Strukturen zu adaptieren und sich zu engagieren. Dafür analysierten die jungen Erwachsenen beispielsweise in Gruppen ihre Herkunftsländer und deren nationalen Verbände mit ihren Strukturen und Ordnungen und präsentierten ihre Ergebnisse später der Gesamtrunde. Input dazu gab es in zahlreichen Reden von Verantwortlichen einzelner Verbände sowie weiteren Redner_innen aus Wirtschaft und Politik. Wichtiger Bestandteil waren dabei die Partner und Sponsoren des Forums. Im Rahmen der EC Munich 2022 waren dies die Allianz SE, die BMW Group AG und die Würth Modyf GmbH, welche Einblicke in große Wirtschaftskonzerne ermöglichten, und interessante Redner_innen stellten.
Auch Marion Schöne, Geschäftsführerin der Olympiapark GmbH, sprach bei der Eröffnungsfeier im „Doppelkegel“-Eventsaal der BMW Welt zu den über 100 Teilnehmer_innen des Forums. Ihr sei es besonders wichtig gewesen, dass das Forum allen Sportarten der EC Munich 2022 geöffnet wurde, um den Austausch zwischen den Ländern, aber auch zwischen den Sportarten zu fördern. Die jungen Leute seien „die Zukunft des Sports und es ist wichtig, dass sich die Jugend vernetzt und gemeinsam Veränderung voranbringt“. Vor allem das „Networking“ mit den Teilnehmer_innen und Redner_innen ermögliche Kontakte zu vielen Menschen, die bereits im Sportmanagement tätig sind, von denen man viel für die eigene Karriere lernen könne und einen Einstieg in die Branche erleichtern könnten. „Gerade aus dieser Diversität heraus, dass wir uns über Generationen, Geschlechter, Kulturen und Sportarten hinweg austauschen und vernetzen, das bringt uns weiter und so können wir die Welt verändern“, erklärte Schöne.
Rund 80 Teilnehmer_innen aus der Leichtathletik nahmen an dem Forum teil, bestehend aus je einer_m Vertreter_in aus jedem Mitgliedsverband der European Athletics. Das Auswahlverfahren lag in den Händen der jeweiligen Verbände. Einzige Einschränkung: Die Teilnehmer_innen mussten 20 bis 30 Jahre alt sein.
Zusätzlich durften dieses Jahr erstmalig Nachwuchskräfte aus den acht weiteren Sportarten der EC Munich 2022 am Forum teilnehmen. Neben den sechs Vertreter_innen aus Landesverbänden (drei männlich und drei weiblich) wurde auch ein_e zusätzliche_r Delegierte_r vom Europäischen Dachverband eingeladen. Ziel war es, ihnen die Strukturen und Vorteile eines solchen "Leader Forums" zu zeigen, sodass sie diese Ideen für ihre eigenen Verbände sammeln können.
Die Teilnehmer_innen blickten sehr positiv auf die Tage: „Ich hoffe, mehr über andere Länder zu erfahren, zum Beispiel, wie die Dinge dort funktionieren”, sagte Kerrtu Jänes aus dem Estländischen Leichtathletikverband. Corinna Post, Teil des Senior-Teams, verantwortlich für die Organisation, wünschte sich: „Ich bin Mitglied im Jugendausschuss des Deutschen Leichtathletik-Verbands und mein Thema ist Nachhaltigkeit, von daher erhoffe ich mir, dass ich da etwas mitnehmen kann.“ Auch der TUM Campus im Olympiapark, der als Arbeitsumfeld des Forums diente, traf auf große Begeisterung. Besonders das moderne Ambiente und die technischen Möglichkeiten des CiO fiel den Teilnehmer_innen positiv auf.
Auf ihre bisherigen Erfahrungen beim Forum angesprochen, zeigten sich die Teilnehmer_innen sehr zufrieden. Marcel Jüngling, Vize-Weltmeister im Kunstradfahren, wurde durch den Bund Deutscher Radfahrer e. V. (BDR) als einer der Teilnehmer der neuen acht Sportarten nominiert. Bereits nach der Eröffnungsfeier fand er: „Mein erster allgemeiner Eindruck ist, dass sehr viele nette Menschen dabei waren. Ich habe schon viele interessante Gespräche geführt.“ Vasiliana Puhaleva, Teilnehmerin vom Bulgarischen Leichtathletik Verband, meinte außerdem: „Es macht viel Spaß, man lernt viele Leute aus ganz Europa kennen, und wir bekommen viele Vorträge von hochrangigen Leuten, zum Beispiel vom Weltpräsidenten der Leichtathletik, was unglaublich ist.”
Das "Young Leaders Forum" bei den EC Munich 2022 schien somit ein großer Erfolg gewesen zu sein. Da der Europäische Leichtathletikverband bereits angekündigt hat, bei den nächsten Europameisterschaften 2026 kein Teil der European Championships mehr sein zu wollen, wird es zum jetzigen Zeitpunkt vorerst jedoch das letzte Mal gewesen sein, dass das „Young Leaders Forum“ seine Türen auch für andere Sportarten geöffnet hat. Möglicherweise sehen aber Teilnehmer_innen und Funktionär_innen der anderen Sportarten und deren Verbänden das Potential einer solchen Veranstaltung und konnten überzeugt werden, ein eigenes „Young Leaders Forum" auszurichten, um der Jugend den Weg in die Zukunft zu ebnen.
Text & Fotos: Moritz Noeres & Julian Brandt