Beitrag liefert neue Erkenntnisse zum Entscheidungsverhalten
Königstorfer und Gröppel-Klein beschreiben in dem prämierten Aufsatz, wie sich das Anbringen von vereinfachten Nährwertkennzeichnungen von Lebensmitteln auf das Wahrnehmungs- und Kaufverhalten der Konsumenten auswirkt. In dem Artikel untersuchten die Autoren drei Phänomene:
- Erstens, inwieweit eine einheitliche Nährwertangabe auf den Produkten eine höhere visuelle Aufmerksamkeit erzeugt als derzeit existierende uneinheitliche Angaben
- Zweitens, ob die Aufmerksamkeitswirkung zusätzlich dadruch gesteigert werden kann, dass die Nährwertinformationen auf allen Produkten auf der Vorderseite der Verpackung sichtbar sind
- Drittens, wie sich diese Nährwertkennzeichnung bei Konsumenten mit geringer Selbstkontrolle beim Ernährungsverhalten auswirkt
Die Studie
Die Erhebung wurde mit erheblichem Aufwand durchgeführt: Sie fand nicht im Labor statt, sondern in einem Supermarkt, in dem Hunderte von realen Produkten mit optimierten Nährwertkennzeichnungen versehen wurden. Als Probanden wurden normale Konsumenten während eines realitätsnahen Einkaufs herangezogen. Ihr Blickverhalten wurde mit Hilfe der Technologie des mobilen Eye Tracking erfasst.
Konsumenten mit geringer Selbstkontrolle profitieren
Als Fazit der Ergebnisse kann festgehalten werden, dass die einheitliche Gestaltung des Labels zu keiner grundlegenden Änderung des Kaufverhaltens führt. Lebensmitteleinkäufe sind Gewohnheitsentscheidungen, die nur schwer zu ändern sind. Die einheitliche Kennzeichnung steigert jedoch die visuelle Wahrnehmung der Konsumenten und hilft vor allem Konsumenten mit geringer Selbstkontrolle beim Essverhalten, eine laut Nährwertprofil gesundheitsförderliche Produktentscheidung zu treffen. Die gesteigerte Wahrnehmung ist von entscheidender Bedeutung, da sich Konsumenten in realen Entscheidungssituationen nur wenige Sekunden mit einer Produktverpackung befassen. Die Aufmerksamkeitswirkung der Kennzeichen beschränkt sich auf Bruchteile einer Sekunde, weshalb sich das optimierte Format auf wesentliche und klar verständliche Inhalte beschränkt (siehe Bild).
Hoher Nutzen für Verbraucherschutz und Handel
Die Studie liefert Empfehlungen für Politik und Verbraucherschutz einerseits sowie für Hersteller und Lebensmitteleinzelhandel andererseits: Hersteller und Einzelhandel sollten die Kennzeichnungen von Nährwerten einfach, verständlich und einheitlich gestalten und auf der Vorderseite der Verpackung anbringen; so tragen sie zu einer Förderung eines gesunden Entscheidungsverhaltens der Käufer bei. Diese Maßnahme stellt auch ein Gleichgewicht zwischen ökonomischem Interesse der Händler und gesundheitswissenschaftlichen Forderungen des Verbraucherschutzes her.
Kontakt:
Prof. Dr. Jörg Königstorfer
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