Sollen ARD und ZDF jeden Preis für Fußball-Übertragungslizenzen bezahlen? „Ganz sicher nicht!“ Das meint zumindest Prof. Dr. Michael Schaffrath, Leiter des Arbeitsbereichs für Medien und Kommunikation, im Gespräch auf SR2-Kulturradio am Ostersamstag, den 3. April, in der Sendung „Medien - Cross und Quer“. In dem von Katrin Aue und Thomas Bimesdörfer geführten rund 20-minütigen Interview ordnete der habilitierte Kommunikationswissenschaftler die medienrechtlichen und medienökonomischen Aspekte des Milliarden-Pokers um Übertragungsrechte im Fußball ein. Dass der im Medienstaatsvertrag geregelte „Grundversorgungsauftrag“ ARD und ZDF dazu verpflichte, auf jeden Fall über Fußball zu berichten, negierte Schaffrath vehement: „In dem entsprechenden Paragraph 26 des Staatsvertrags findet man weder den Begriff Sport noch den Begriff Fußball. Und auch im Paragraph 13 des Staatsvertrags ist zwar geregelt, dass verschiedene Fußball-Events, wie beispielsweise die Spiele der Nationalmannschaft oder ausgewählte Partien von Welt- und Europameisterschaften aufgrund ihrer gesellschaftlichen Bedeutung im frei empfangbaren Fernsehen übertragen werden müssen. Aber zum frei empfangbaren Fernsehen gehören nicht ausschließlich ARD und ZDF, sondern dazu zählen auch Sender wie RTL, SAT.1, Pro7 oder Vox und weitere.“
Schaffrath verwies in dem Interview außerdem darauf, dass die öffentlich-rechtlichen Anstalten „Treuhänder von Gebührengelder“ seien, mit denen sie seriös zu wirtschaften hätten. „Wenn RTL, SAT.1, Sky oder DAZN Geld in die Hand nehmen, um Fußball-Rechte zu kaufen, dann besitzen die das ökonomische Risiko und müssen sich nach den Gesetzen des Marktes um Refinanzierungsoptionen kümmern. Geht das gut, verdienen die Geld. Geht das nicht gut, dann gehen die Pleite – so wie die Kirch-Gruppe im Jahr 2002, die sehr damit zusammenhing, dass man für Fußball-Rechte zu viel Geld bezahlt hatte. Wenn aber ARD und ZDF Geld ausgeben, um Fußball-Rechte zu kaufen, dann ist das unser aller Geld, und deshalb ist die Frage auch berechtigt, bis zu welchem Maß solche Ausgaben noch verhältnismäßig sind.“
Der Leiter des Arbeitsbereichs für Medien und Kommunikation plädierte dafür, dass die Intendanten und Sportchefs von ARD und ZDF sehr sorgfältig prüfen sollten, bis zu welcher Summe man mit Gebührengeldern die „absurden Gehälter von Fußball-Profis“, die nicht selten bei zehn, 15 oder auch über 20 Millionen Euro pro Jahr liegen, mitfinanzieren wolle. Die Haupteinnahmequelle des Fußballs seien laut Prof. Schaffrath nun einmal die Fernsehgelder. Und damit resultiere die enorme Entwicklung der Spielergehälter auch aus der ökonomisch fragwürdigen Preistreiberei beim Wettbieten um Übertragungsrechte, die sich nur sehr schwer refinanzieren lassen, so Schaffrath.
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Prof. Dr. Michael Schaffrath
Arbeitsbereich für Medien und Kommunikation
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E-Mail: Michael.Schaffrath(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Foto: privat