Die Professur für Health Literacy, unter Leitung von Prof. Dr. Orkan Okan, hat in Kooperation mit der Barmer Krankenkasse, der Hochschule Fulda sowie We are Family Stuttgart ein Präventionsprogramm zur digitalen Gesundheitskompetenz von Schüler_innen entwickelt. Unter dem Namen "Durchblickt! – Digital in eine gesunde Zukunft" wird das Projekt von der Barmer Krankenkasse mit 500.000 Euro gefördert.
PrävG. Was zunächst klingt wie eine undeutsame Ansammlung von Buchstaben, hat für die Bevölkerung in Deutschland eine hohe Bedeutung. Das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) soll das Thema zukunftsorientiert voranbringen. Ausgehend von dem verpflichtenden Gesetz wurde das Präventionsprogramm „Durchblickt!“ nun entsprechend finanziert.
Prof. Okan sieht hierin einen wichtigen Schritt für die gesundheitliche Entwicklung von Kindern und Jugendlichen: „Im PrävG wird mehrfach die Gesundheitskompetenz erwähnt, sie gibt dem Ganzen also einen nachhaltigen Nährboden, um das Thema perspektivisch zu adressieren.“ Der im Jahr 2021 in Kraft getretene Paragraph 20k zur „Förderung der digitalen Gesundheitskompetenz“ unterstreicht die Wichtigkeit. „In diesem Gesetz lassen sich überall Bezugspunkte zu Kindern, Jugendlichen und Schulen wiederfinden. Dass man die Gesundheitskompetenz in diesen Settings stärken muss, orientiert sich genau an meinem spezialisierten Forschungsgebiet – der Gesundheitskompetenz im Kindes- und Jugendalter“, erläutert der Gesundheitswissenschaftler.
Insbesondere im Internet lauere eine Vielzahl von Gefahren für die avisierte Zielgruppe: „Desinformationen, kommerzielle Determinanten oder Algorithmen, die die Kaufentscheidungen im Gesundheits-, Ernährungs- oder Bewegungsverhalten beeinflussen. Es ist ganz wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen mediale Kompetenzen erlernen, um gute von schlechten Informationen zu unterscheiden, vor allem in den sozialen Medien, in denen sie täglich unterwegs sind“, erklärt Prof. Okan.
Das Präventionsprogramm „Durchblickt!“ strebt dabei einen ganzheitlichen Ansatz an und bezieht Schulen, Lehrkräfte und Eltern mit ein. „Ziele des Projektes sind es, eine Plattform für alle Schulformen zur Verfügung zu stellen, auf der die Lehrkräfte oder andere pädagogische Fachkräfte Unterrichtsmaterialien zur Stärkung der digitalen Gesundheitskompetenz vorfinden, herunterladen und dann im Unterricht einsetzen können.“ Gleichzeitig werde noch eine digitale App entwickelt, bei der die Schulen ihre eigenen Kompetenzen im Bereich Gesundheit testen können.
Für Prof. Okan ist die Einbindung des sozialen Umfeldes ein entscheidender Punkt zur Förderung der Kinder und Jugendlichen: „Auf sie wirken unterschiedliche Determinanten der Gesundheit, soziale, kulturelle, politische, ökonomische, neuerdings auch digitale und kommerzielle ein. Und es gilt dann natürlich, auf diesen Ebenen der Gesellschaft an den Stellschrauben zu drehen und auch andere Akteure – wie schulische Einrichtungen – zu adressieren, die dann solche Kompetenzen oder eben die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen beeinflussen.“
Die Thematik der Gesundheitskompetenz bietet für die Professur an der TU München eine einzigartige Gelegenheit, um sich auf der Forschungslandkarte zu verorten, insbesondere im Bereich der Schulgesundheitsforschung, „da das Thema so nah an den drei Bereichen der digitalen Kompetenz, der Informationskompetenz sowie der Medienkompetenz liegt“, so Prof. Okan. Die letzten Jahre unter Einflussnahme der Corona-Pandemie haben gezeigt, welche Wichtigkeit, Relevanz und Aktualität das Thema hat. „Die Informationen haben die Menschen schneller erreicht als das Virus selbst. Dementsprechend ist die Fähigkeit zum Umgang von Informationen zur Gesundheit ganz zentral und entscheidend für die Entwicklung der Kinder und Jugendlichen“, erläutert der Professor für Health Literacy.
Doch Prof. Okan sieht hierin erst den Startschuss für die Forschung in München und Umgebung. „In Bayern gab es noch nicht viel Forschungsarbeit zu dem Thema. Bei uns in der Professur laufen aber mittlerweile sechs weitere Projekte an – die meisten mit Bezug zu Kindern, sodass wir uns für die Zukunft an der TU München optimal aufstellen können – auch da unsere wissenschaftlichen Mitarbeiter_innen in den Themen promovieren und somit zum Capacity Building in dieser Disziplin beitragen.“
Außerdem gründete Prof. Okan in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Kevin Dadaczynski von der Hochschule Fulda das "Covid-19 Health Literacy Network", ein internationales Forschungsnetzwerk zur Gesundheitskompetenzforschung, in dem die globale Health Literacy Research Community Auswirkungen der Pandemie mit Bezug zur Gesundheitskompetenz untersucht. Dort treffen sich Forschende aus 70 Ländern weltweit sowie die Netzwerkpartner der UNESCO, der WHO, EuroHealthNet und EUPHA, die gemeinschaftliche „Global Survey Studien“ zum Thema Gesundheitskompetenz hervorbringen. Auch das Projekt „Durchblickt!“ wird Teil der internationalen Forschung des Netzwerks werden: „Wir stellen in diesem offenen Forschungsnetzwerk Studiendesigns vor, die in die jeweiligen Landessprachen übersetzt und repliziert werden können. So präsentieren wir uns als TUM auf der Weltkarte und können internationale Vergleiche heranziehen.“
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Kontakt:
Prof. Dr. Orkan Okan
Professur für Health Literacy
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24986
E-Mail: Orkan.okan(at)tum.de / info.healthliteracy(at)tum.de
Text: Bastian Daneyko
Fotos: "Durchblickt!" / Privat