Der Lehrstuhl für Epidemiologie von Ordinaria Prof. Dr. Stefanie Klug hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Epidemiologie des Helmholtz Zentrums München einen Artikel in der Zeitschrift „BMJ Open Diabetes Research & Care“ zum Thema „Association of endothelial dysfunction with incident prediabetes, type 2 diabetes and related traits: the KORA F4/FF4 study“ veröffentlicht. Das Journal ist eine Open-Access-Zeitschrift, die sich der Veröffentlichung qualitativ hochwertiger Artikel aus der Grundlagen- und der klinischen Forschung zu Typ-1- und Typ-2-Diabetes und den damit verbundenen Komplikationen verschrieben hat. Es hat einen Impact Faktor von 3,183.
KORA ist die Abkürzung für "Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg". Das Helmholtz Zentrum München führt die KORA-Studien in regelmäßigen Abständen durch, um den Gesundheitszustand der Bevölkerung in Augsburg und Umgebung zu untersuchen. Dabei werden Zusammenhänge von Gesundheit, Krankheit und den Lebensumständen der Bevölkerung untersucht. Im Mittelpunkt stehen Diabetes, Herzkreislauf- und Lungenerkrankungen sowie Umweltfragestellungen.
Der Ursprung der Daten stammt von der KORA-Studie S4, die von 1999 bis 2001 mit 4.261 Teilnehmer_innen im Alter von 25 bis 74 Jahren durchgeführt wurde und ihre Schwerpunkte auf die Bereiche Diabetes, Herz-Kreislaufkrankheiten sowie deren Risikofaktoren gesetzt hatte. Sowohl F4 (2006-2008) mit 3.080 Teilnehmer_innen als auch FF4 (2013-2014) mit 2.279 Teilnehmer_innen waren Follow-Up-Untersuchungen der S4-Studie. Für die aktuelle Veröffentlichung wurden die Daten aus F4 als Basisuntersuchung und aus FF4 als Nachuntersuchung verwendet.
Der nun veröffentlichte Artikel entstand aus der Masterarbeit von Marie-Theres Huemer, die an der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften den Masterstudiengang „Sport and Exercise Science“ erfolgreich absolviert hat. Sie ist nun als Doktorandin am Institut für Epidemiologie des Helmholtz Zentrums München tätig. „Ich freue mich sehr, dass wir im Zuge dieses Projektes mit dem Helmholtz Zentrum München und dem Institut für Epidemiologie unter der Leitung von Prof. Dr. Annette Peters kooperieren konnten und dass mit Frau Huemer nun eine Absolventin unserer Fakultät dort tätig ist“, erklärt Prof. Klug. „Wir legen viel Wert auf Interdisziplinarität, die hier beispielhaft betrieben werden konnte.“
„Im Zuge meiner Masterarbeit, die von Prof. Dr. Barbara Thorand betreut wurde, habe ich mich mit der Subpopulation der KORA-Studien F4/FF4 beschäftigt, bei der zu F4 die endotheliale Funktion gemessen wurde und kein klinisch diagnostizierter Diabetes vorlag“, erklärt Huemer die Vorgehensweise. „Die Proband_innen waren zwischen 52 und 71 Jahre alt – einem Altersbereich, in dem ein gewisses Risiko vorhanden ist, Prädiabetes und Typ-2-Diabetes zu entwickeln.“
Das Endothel ist eine dünne Schicht von Zellen, welche die Innenseite der Blutgefäße auskleiden. Bei Prozessen wie der Blutdruckregulierung spielt es eine zentrale Rolle. Bei einer endothelialen Dysfunktion kommt es zu einer Funktionsstörung des Endothels. Diese umfasst im Prinzip alle Funktionsbereiche, wie beispielsweise die Gefäßweitenregulation oder die Durchlässigkeit der Blutgefäße.
Die Studie umfasste insgesamt 673 Teilnehmer_innen (328 Männer und 345 Frauen) im Alter von 52 bis 71 Jahren, bei denen ein oraler Glukosetoleranztest bei der Erstuntersuchung und der Nachuntersuchung durchgeführt wurde. Dabei wurden unter anderem Typ-2-Diabetes, Prädiabetes, Nüchternglukose, Nüchterninsulin, 2-Stunden-Glukose und Insulinresistenz getestet. Zusätzlich wurde anhand der peripheren arteriellen Tonometrie (PAT) die Pulswelle in den Fingerspitzen der Proband_innen gemessen. Anhand dieser bedienerunabhängigen und nicht-invasiven Messmethode kann der periphere Gefäßtonus mit einem speziellen Sensor erfasst werden. Im Zuge der Untersuchungen wurde die Pulswellenamplitude fünf Minuten vor, während und fünf Minuten nach einer fünfminütigen Stauung des Blutflusses im nicht-dominanten Oberarm mithilfe von einer Blutdruckmanschette ermittelt.
Dabei wurde festgestellt, dass bei der Basisuntersuchung der Mittelwert der Messung der Pulswellenamplitude beider Arme von Teilnehmer_innen mit einem normalen Blutzuckerspiegel positiv mit (Prä-)Diabetes und Nüchternglukose bei der Nachuntersuchung assoziiert war. Zudem stand die Messung von reaktiver Hyperämie (gesteigerter Durchblutung) bei der Basisuntersuchung in umgekehrtem Zusammenhang mit Typ-2-Diabetes, Nüchterninsulin sowie einer Insulin-Resistenz bei der Nachuntersuchung.
„Wir haben herausgefunden, dass die reaktive Hyperämie und der Mittelwert der Messung der Pulswellenamplitude beider Arme mit unterschiedlichen Diabetes-Parametern assoziiert sind“, fasst Huemer zusammen. „Dadurch könnte man vermuten, dass diese Parameter unterschiedliche Mechanismen reflektieren und mit unterschiedlichen Ergebnissen im Hinblick auf Diabetes assoziiert sind.“
Die Autoren um Marie-Theres Huemer und Prof. Klug schlussfolgerten daher, dass die mikrovaskuläre endotheliale Dysfunktion an der Entwicklung frühzeitiger Störungen des Glukosestoffwechsels und der Insulinresistenz beteiligt zu sein scheint und dadurch die Entwicklung von Prädiabetes und Typ-2-Diabetes auslösen könnte.
Zur Publikation im Journal „BMJ Open Diabetes Research & Care“
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Kontakt:
Prof. Dr. Stefanie Klug
Lehrstuhl für Epidemiologie
Georg-Brauchle-Ring 56
80992 München
Telefon: 089 289 24950
E-Mail: sekretariat.klug(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: „BMJ Open Diabetes Research & Care”/Lehrstuhl für Epidemiologie/Helmholtz Zentrum München