Herr Prof. Schneider, Sie sind seit 2016 Zweitmitglied der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften (SG) und wurden im Oktober vom Fakultätsrat zum Prodekan gewählt. Wie kam es dazu?
„Themen wie Prävention und Bewegung, aber auch Aspekte aus der Versorgungsforschung, Epidemiologie und auch der Sozialwissenschaften spielen eine große Rolle für das Fach Allgemeinmedizin. Insofern dachte ich mir, dass die Anschlussfähigkeit der Allgemeinmedizin zur Fakultät SG sehr hoch ist. Ich habe mich um die Zweitmitgliedschaft beworben, weil ich viel Potential für Kooperationen in der Forschung sehe.“
Welche Verknüpfungspunkte gibt es bereits zwischen dem Lehrstuhl für Allgemeinmedizin und der Fakultät SG?
„Frau Prof. Dr. Stefanie Klug, Lehrstuhlinhaberin für Epidemiologie, die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) und ich analysieren Routinedaten der KVB, um die Wirksamkeit der HPV (Humane Papillomviren)-Impfung zu evaluieren. Außerdem veranstalten wir einmal im Monat das Seminar ‚Versorgungsforschung‘, das gemeinsam mit Frau Prof. Dr. Elisabeth Wacker entwickelt wurde. Das Seminar ist eine interdisziplinäre Veranstaltung mit den Doktoranden aus den Abteilungen Allgemeinmedizin, Soziologie, Sozialpädiatrie, Epidemiologie und der Präventiven Pädiatrie. Zudem promovieren drei Doktorandinnen von mir an der TUM SG.“
Was sind Ihre strategischen Ziele als Prodekan der Fakultät SG?
„Ich habe keine eigene Agenda, sondern es geht mir eher darum, dass die Fusion der Fakultäten SG und Medizin so verläuft, dass am Ende des Tages alle zufrieden sind und gemeinsam ein gutes Konzept entwickelt wird. Ich möchte, dass die Stärken, die alle Seiten mitbringen, optimal genutzt und potenziert werden. Es gibt viele Techniken, die an der medizinischen Fakultät entstehen und dann nach außen getragen werden müssen. Wie kann man beispielsweise Gesundheits-Apps effektiv einsetzen oder wie können präventive Maßnahmen erfolgreich an die Bevölkerung gebracht werden? Es wäre schön, hier ein gutes Zusammenspiel zwischen den beiden Fakultäten zu erreichen.“
Im kommenden Jahr sollen die Fakultät für Medizin und die Fakultät SG zur neuen „TUM School of Medicine and Health“ verschmelzen. Welche Aufgabe werden Sie hier übernehmen?
„Meine Aufgabe wird es sein, zu schauen, an welchen Stellen es gute Synergien zwischen den beiden Fakultäten gibt und was in einer guten Kooperation Sinn macht. Gerade im Bereich der Gesundheitswissenschaften gibt es viele Themen wie Prävention, die sozialwissenschaftlichen Aspekte der Gesundheit oder auch die Epidemiologie. Es leuchtet sofort ein, dass diese bereits eng mit den anderen medizinischen Disziplinen verknüpft sind. Spannend wird außerdem sein, wie man den sportiven Aspekt umsetzen kann. Bewegung und Sport sind natürlich extrem wichtig. Hier gilt es, sicherzustellen, dass die Aspekte Sport und Leistungssport nicht nur weiter am Leben gehalten, sondern auch weiterentwickelt werden.“
Im neuen Namen „TUM School of Medicine and Health“ wird der Begriff Sportwissenschaft nicht mehr enthalten sein – wird Sport in Zukunft noch eine Rolle spielen?
„Der endgültige Name ist noch nicht entschieden. Insofern kann jetzt nur spekuliert werden. So oder so – der Sport steckt im Thema ‚physical activity‘. In dem Bereich ist natürlich alles denkbar – man kann hier unterscheiden zwischen ‚high physical activity‘, also dem Hochleistungssport, und ‚low physical activity‘, also der Frage, wie man den Büromenschen zu mehr Bewegung verhilft. Es gilt dabei, das Thema Sport optimal auszubauen und sich seitens der Fakultät SG strategisch gut aufzustellen, damit der Bereich stark erhalten bleibt.“
Sie sind seit 2009 Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin, dem ersten hausärztlichen Lehrstuhl in Bayern. Was sind die Schwerpunkte Ihrer Arbeit?
„Die Schwerpunkte liegen klassisch auf Forschung und Lehre. In der Forschung sind wir in den Bereichen Diagnostik und Therapie bei obstruktiven Atemwegserkrankungen, also Asthma bronchiale und COPD, aktiv. Beispielsweise haben wir ein Online-Schulungsprogramm für Patienten mit Asthma entwickelt. Weitere Themen sind diagnostische Studien, Psychosomatik und die Arzt-Patient-Kommunikation. Darüber hinaus engagieren wir uns auch sehr stark in der Lehre. Wir haben das Curriculum Allgemeinmedizin longitudinal in den drei klinischen Jahren des Medizinstudiums verankert, inklusive Blockpraktika, die von den Studierenden im zweiten klinischen Jahr zwei Wochen lang absolviert werden. Gemeinsam mit zehn Lehrbeauftragten konnten wir ein Netzwerk mit 210 Lehrpraxen aufbauen. Zudem haben wir das Stipendienprogramm ‚Beste Landpartie Allgemeinmedizin‘ entwickelt, in dem wir seit einem Jahr Studierende betreuen und in die drei ländlichen Regionen Dillingen, Altmühltal und Mühldorf am Inn für die studentische Ausbildung und fachärztliche Weiterbildung vermitteln. Das Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gefördert und soll helfen, den Hausarztmangel im ländlichen Raum längerfristig zu beheben oder zumindest stark abzufedern. Zu guter Letzt bin ich noch einen halben Tag pro Woche in der Praxis, was mir nach wie vor viel Spaß macht und etwas Abwechslung mit sich bringt.“
Zum Abschluss: Treiben Sie selbst Sport? Und wenn ja, welchen?
„Ich liebe Sport! Früher habe ich extrem gerne Basketball gespielt und war in meiner Jugendzeit auch in einem Basketballverein. Als Medizinstudent habe ich leider irgendwann keinen Verein mehr gefunden. Als ich dann im praktischen Jahr in Karlsruhe war, habe ich mich aufgrund von Tipps einiger Kollegen der Klinikumsmannschaft angeschlossen und durfte sogar zur Weltmeisterschaft der Ärzte fahren. Heutzutage gehe ich noch gerne Radfahren, Schwimmen und zum Wandern in die Berge.“
Vielen Dank für das Gespräch!
Zum Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung der Technischen Universität München
Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. med. Antonius Schneider
Orleansstraße 47
81667 München
Telefon: 089 6146589 13
E-Mail: antonius.schneider(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Foto: Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung