Im alpinen Skisport sind Athlet_innen mit unterschiedlichen Umweltbedingungen konfrontiert. Dazu gehört während der Vorbereitungsphase im Sommer beispielsweise auch Gletschertraining in Höhen von über 3.000 Metern. Das Training in der Höhe kann jedoch zu metabolischen Veränderungen wie einem erhöhten Energieumsatz und Appetitverlust führen und ein gesteigertes Risiko für ein Energiedefizit darstellen.
Auf Basis dieser Annahmen hat die Professur für Bewegung, Ernährung und Gesundheit von Prof. Dr. Karsten Köhler ein neues Forschungsprojekt gestartet. Mit „EBal-Ski“ („Energiebilanz im Alpinen Skisport unter Berücksichtigung der Höhe“) soll die Energiebilanz internationaler Skirennläufer_innen beim Training in der Höhe sowie über den Saisonverlauf mittels mehrfach erprobter und valider Messverfahren charakterisiert werden. Das Service-Forschungsprojekt in Kooperation mit dem Deutschen Skiverband (DSV) hat eine Laufzeit von neun Monaten und wird vom Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) mit 35.000 Euro gefördert. „Das Vorhaben ist Bestandteil einer größeren Forschungsrichtung“, erläutert Prof. Köhler. „Wir beschäftigen uns schon seit Jahren mit der Frage, wie sich der Energieumsatz bei Sportler_innen in Extremsituationen entwickelt.“
Die Studie hat zwei Hauptziele: Zum einen soll untersucht werden, wie sich die Höhe auf die Energiebilanz während eines fünf- bis zehntägigen Trainingslagers auswirkt. Dabei liegt der Fokus auf der Analyse des Gesamtenergieumsatzes, der Erfassung der Gesamtenergiezufuhr, den Veränderungen der Körperzusammensetzung sowie der Analyse zentraler Blutmarker des Energiestoffwechsels. Zum anderen sollen körperliche Veränderungen im Saisonverlauf unter Berücksichtigung des Höhenprofils beobachtet werden. „Dabei wird die Körperzusammensetzung vor und nach der Wettkampfsaison verglichen“, erklärt Helena Engel, Ernährungswissenschaftlerin und Promovendin an der Professur für Bewegung, Ernährung und Gesundheit. Außerdem wird eine engmaschige Dokumentation des Körpergewichts über den Saisonverlauf als Indikator für die Energiebilanz erstellt. „Skifahrer_innen haben sehr hohe energetische Anforderungen“, benennt Prof. Köhler die Voraussetzungen. „Dadurch besteht aber auch die Gefahr, dass sie während der Saison ungewollt abnehmen und sich so negative Effekte auf ihre Leistung entwickeln.“
Als Teilnehmer_innen fungieren je fünf bis acht männliche sowie weibliche Mitglieder des deutschen Ski Teams Alpin im Alter von 18 bis 35 Jahren. Aufgrund der kleinen Probandengruppe im Bereich des Spitzensports erhofft sich das Forscherteam um Engel sehr verlässliche Messergebnisse, „zudem können wir individuell auf die einzelnen Athlet_innen eingehen.“ Der Untersuchungszeitraum erstreckt sich von der Saisonvorbereitung bis zum Ende der Wettkampfsaison. Dabei werden Messungen an vier Zeitpunkten vorgenommen: zu Beginn der Saison, vor und nach dem Höhentrainingslager sowie am Ende der Saison.
Während der Studie werden mehrere Methoden nach jeweiligem Goldstandard verwendet. Der Energieumsatz der Athleten wird im Höhentrainingslager mittels zweifach markiertem Wasser („doubly-labelled water“) erfasst. „Dabei wird eine kleine Menge an Wasser, das mit stabilen Isotopen von Wasser- und Sauerstoff markiert ist, zur Verfolgung verabreicht“, so Helena Engel. „Anschließend messen wir dann, wie sich diese Isotopen im Urin der Probanden abreichern.“
Um Aufschluss über die Energiebilanz zu erhalten, wird zudem die Energiezufuhr der Athleten erhoben. Hierzu wird neben der direkten Erfassung der Nahrungsaufnahme auch ein objektiver rechnerischer Ansatz verwendet. Veränderungen in der Körperzusammensetzung werden mittels des „Vier-Kompartiment-Modells“ untersucht, das chemische Bestandteile des Körpers betrachtet. Der Ruheumsatz wird durch indirekte Kalorimetrie, eine Methode zur Messung des Energieumsatzes eines Organismus oder einer chemischen Reaktion, bestimmt. Außerdem werden tägliche Gewichtsdaten durch den Einsatz standardisierter Bluetooth-Waagen unter Einhaltung eines vorgegebenen Wiegeprotokolls eigenständig von den Studienteilnehmer_innen erhoben.
„Aus meiner Sicht handelt es sich hier um ein wichtiges Projekt für die Praxis, um Richtwerte für den Energieumsatz bei Skifahrer_innen zu gewinnen. Vor allem im alpinen Bereich gibt es auf diesem Feld bislang nur wenige Daten, die verwendet werden können“, erklärt Engel abschließend.
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Kontakt:
Prof. Dr. Karsten Köhler
Professur für Bewegung, Ernährung und Gesundheit
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24488
E-Mail: karsten.koehler(at)tum.de
Helena Engel
Professur für Bewegung, Ernährung und Gesundheit
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24441
E-Mail: helena.engel(at)mri.tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: Pixabay/privat