"Druck runter - Aktivität rauf! - der Aschauer Frischluft-Bus zur Schule!" Unter diesem Motto führt der Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie von Ordinaria Prof. Dr. Renate Oberhoffer ein neues Drittmittelprojekt durch. Das interdisziplinäre Projekt wird vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie der Gemeinde Aschau gefördert Der Luftkurort am Chiemsee unterstützt damit seine Bürger_innen durch die Schaffung gesunder Lebenswelten.
Blutdruck: Senkung durch Bewegung und Ernährung möglich
In Deutschland haben 20 - 30 Millionen Menschen einen erhöhten Blutdruck. Betroffen sind insbesondere ältere Menschen. Immerhin 75 Prozent der 70 bis 79-Jährigen haben Bluthochdruck. "Problematisch ist ein erhöhter Blutdruck deswegen, weil dieser der größte Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt ist", erklärt Prof. Oberhoffer, die Prodekanin der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften ist.
"Zu den besten Medikamenten zählen Bewegung sowie eine gesunde Ernährung. Studien zeigen, dass der Blutdruck dadurch um bis zu 9 mm/Hg gesenkt werden kann. Erst wenn beides nicht in ausreichendem Maße hilft, sollte ein Medikament zum Einsatz kommen", rät Oberhoffer. Die Deutsche Hochdruckliga, die sich für die Reduzierung von Bluthochdruck einsetzt, empfiehlt mindestens 10.000 Schritte oder 90 Minuten Bewegung am Tag.
Generationsübergreifendes Präventionsprojekt
Das Projekt in der Gemeinde Aschau am Chiemsee zielt darauf ab, mit einem praxisnahen Ansatz positive Effekte hervorzurufen und Prävention generationsübergreifend umzusetzen. Dafür wird zunächst die Gesundheitskompetenz sowohl für Grundschulkinder als auch Senior_innen gefördert. So werden zwei "Gesundheitstage" an der örtlichen Apotheke und in der Grundschule angeboten. Diese werden durch Masterstudierende der Fakultät aus dem Schwerpunkt " Cardiovascular-metabolic diseases" gestaltet. Zudem werden den Studienteilnehmer_innen von Mitarbeiter_innen des Lehrstuhls für Präventive Pädiatrie Informationen zum Thema Bluthochdruck sowie wissenschaftsbasierte Empfehlungen zu Ernährung und Bewegung weitergegeben. Gleichzeitig erfolgt eine starke Vernetzung mit den ortsansässigen Hausärzt_innen, Kardiolog_innen, Apotheken sowie weiteren Einrichtungen zur Gesundheitsversorgung.
"Frischluft-Bus" zur Schule
Hauptziel ist, einen nachhaltigen Anreiz für mehr Bewegung zu schaffen. Hierfür wurde das Konzept des "Frischluft-Busses" gewählt. In den USA und England ist dies bereits in verschiedenen Gemeinden erfolgreich. "Der Frischluft-Bus basiert darauf, dass je zwei Senioren jeden Morgen - oder in verschiedenen Teams mindestens zwei Mal pro Woche - auf extra hierfür kartographierten Schulwegen mit den Kindern zu der Grundschule gehen. Die einzelnen Wege sind zwischen 750 Meter und 1,2 Kilometer lang und führen sternförmig zur Schule. Auf jedem Weg werden an Haltestellen im Abstand von ca. 250 Metern zu festgelegten Uhrzeiten Schulkinder abgeholt", erklärt Dr. Birgit Böhm, die das Projekt mit der Gemeinde initiierte und nun am Lehrstuhl betreut.
Die Idee birgt verschiedene Vorteile. "Für die Senioren entsteht eine gewisse Verbindlichkeit die fördert, dass die Bewegung auch tatsächlich in den Alltag integriert wird. Dazu werden in der Begegnung mit den Kindern Kontakte geknüpft, die zu einer positiven sozialen Integration beitragen können, indem sich die beiden Generationen näher kommen", erläutert Dr. Böhm. Gleichzeitig wird durch den Frischluft-Bus das Problem, dass viele Kinder per "Eltern-Taxi" einzeln mit dem Auto zur Schule gebracht werden, reduziert. Denn auf die große Zahl der PKWs seien Schulen häufig nicht vorbereitet, so Böhm. Speziell der Luftkurort Aschau möchte die Zahl der Autorfahrten ohnehin gerne reduzieren.
Evaluation durch Erfassung des zentralen Blutdrucks
Damit getestet werden kann, welche Veränderungen durch den Frischluft-Bus hervorgerufen werden, werden verschiedene Technologien eingesetzt. "Eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Projekten in diesem Bereich werden durchgeführt, ohne dass Effekte evaluiert werden. Wir möchten hier bewusst einen anderen Weg gehen", erklärt Oberhoffer. So erfolgen mit den teilnehmenden Senior_innen vier ausführliche Messungen (Eingangsdiagnostik, zwei Zwischenmessungen sowie Abschlussuntersuchung). Dabei wird der periphere Blutdruck sowohl diastolisch als auch systolisch gemessen und dann der zentrale Blutdruck berechnet. Ergänzend werden Parameter für die Gefäßsteifigkeit bestimmt.
Damit die Senior_innen Effekte auf ihren Blutdruck auch selbst überprüfen können, wurde an der Apotheke der Gemeinde ein Messgerät installiert, das kostenlos genutzt werden kann. "Das Blutdruckmessgerät (Mobil-O Graph) unterscheidet sich dadurch, dass neben der Messung des gängigen peripheren Blutdrucks auch der zentrale Blutdruck und die Pulswellengeschwindigkeit berechnet wird", so Böhm. Mit diesen Werten kann eine tiefergehende Risikoabschätzung bezüglich der Gefäßgesundheit erfolgen.
Zusätzlich erhalten die teilnehmenden Senior_innen ein Aktivitätsband der Firma Garmin, das die Bewegungsaktivität aufzeichnet. An der Schule wird eine Station installiert, an der automatisch die Daten der einzelnen Geräte anonymisiert und kabellos übertragen werden.
"Wissenschaftlich ist bereits mehrfach bewiesen, dass Bewegung und Ernährung positive Effekte haben. Die Herausforderung besteht jedoch darin, beides auch in den Alltag der Menschen zu integrieren. Wir sind gespannt, wie dies im Rahmen des Pilotprojekts gelingt", sagt Böhm.
Weitere Informationen zum Projekt "Druck runter - Aktivität rauf"
Zur Homepage des Lehrstuhls für Präventive Pädiatrie
Zur Homepage der Gemeinde Aschau
Kontakt:
Dr. Birgit Böhm
Lehrstuhl für Präventive Pädiatrie
Uptown München, Campus D
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24577
E-Mail: Birgit.Boehm(at)tum.de
Text: Fabian Kautz
Fotos: Dr. Birgit Böhm