Prof. Dr. Stephan Jonas ist seit dem 24. April Tenure Track Professor für Digital Health an der Fakultät für Informatik der Technischen Universität München. Am Dienstagabend bestätigte der Fakultätsrat der Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften den 35-Jährigen als Zweitmitglied der Fakultät.
Prof. Jonas absolvierte 2009 an der RWTH Aachen als diplomierter Informatiker. Es folgte ein dreijähriger Forschungs-Aufenthalt zur automatisierten Bildverarbeitung an der Yale University, unterbrochen durch ein Semester an der isländischen Reykjavik University. 2012 schloss Jonas seine Promotion zu Bildverarbeitung an den Universitäten Yale und der RWTH Aachen ab. Ab 2014 leitete er eine Arbeitsgruppe zu "Mobile Health (mHealth)" am Institut für Medizinische Informatik der RWTH Aachen. Geforscht wurde unter anderem zu E-Learning von manuellen Fähigkeiten durch die Erkennung von Muskelaktivität.
Herr Prof. Jonas, Sie sind Professor für Digital Health. Was bedeutet das genau?
"Der Grundgedanke der Professur ist, eine Brücke zwischen der Informatik und den Sport- und Gesundheitswissenschaften zu bilden. An der TUM möchte ich hierbei auch ein Vermittler zwischen den beiden Fakultäten sein.
Digital Health betrachtet Technologien zur Erhebung von Gesundheitsdaten - von Wearables, Smartphones, Smartwatches bis hin zu Armbändern. Wie können Geräte validiert werden? Wie werden sie am besten zur Anwendung gebracht? Ziel ist, dass diese Technologien beispielsweise auch für klinische Studien sinnvoll einsetzbar sind.
Damit ist meine Arbeit auch als Service gedacht. Ich möchte andere dabei unterstützen, durch digitale Technologien in der Forschung noch effizienter werden."
Der Markt für digitale Gesundheitsgeräte boomt.
"Absolut. Amazon hat in dem Untershop für Wearables mehr als 10.000 verschiedene Geräte. Das Spektrum reicht von klassischen Herzfrequenz-Armbändern, über extravagantere Armbänder, die dann beispielsweise auch die Muskelaktivität messen, bis hin zu mobilen Brain-Computer-Interfaces - also eigentlich EEGs. Da ist im Prinzip für jeden etwas dabei. Die Frage ist nur, ob die Geräte für wissenschaftliche Fragestellungen geeignet sind. Und da kommen wir ins Spiel."
Wo liegt Ihre Expertise genau?
"Wir haben mit verschiedenen Geräten beispielsweise bereits Validierungsstudien durchgeführt. Die Qualität ist sehr unterschiedlich. Es gibt herausragende Geräte; zum Beispiel ein Armband, das acht Oberflächen-EMGs hat und quasi auf einem klinischen Standard ist, oder ein Brain-Computer-Interface.
Aber natürlich darf man für 900 Euro nicht das Gleiche erwarten wie für 10.000 Euro. Es bestehen aber natürlich auch Negativbeispiele. Geräte, bei denen man überhaupt nicht weiß, was für Daten man erhält."
Was werden Ihre Haupttätigkeitsfelder sein?
"Ich freue mich darauf, im Sport- und Gesundheitsbereich zu arbeiten. Weil ich denke, dass hier sehr viel Dynamik ist und viel für die Gesundheit erreicht werden kann. Der Einsatz von Technologie ist zudem im Fitness-Bereich etwas einfacher als in einem medizinischen Setting, das sehr reglementiert ist."
Der zweite Hauptstrang liegt in der Entwicklung und Anwendung von Lösungen aus dem Bereich der Informatik?
"Richtig. Ich glaube, dass sich die Menge an Daten künftig noch weiter und drastisch vermehren wird. Wir sind mitten in der zweiten großen Digitalisierungswelle. Bisher haben Daten vornehmlich Experten und Wissenschaftler erhoben. Das verändert sich gerade. Durch technische Geräte können nun auch Laien eigene Daten generieren.
Dadurch sind viel mehr Daten vorhanden - die aber auch betrachtet werden müssen. Wir müssen es schaffen, dass diese Daten soweit abstrahiert werden, dass sie schnell verständlich sind. Das ist eine große Herausforderung, bei der ich ebenfalls helfen möchte. Denn neben dem Sensorik-Bereich konnte ich bereits viel Erfahrung sammeln, wie man mit Daten umgeht. Beispielsweise könnten hier Apps zur Datenerhebung programmiert werden oder wir unterstützen die Interpretation von Messwerten."
Wie könnte das konkret aussehen?
"Denken wir an eine Feldstudie: Hier stellt sich die Frage, wie die Daten sicher von den Teilnehmern überspielt werden. Das ist mit den Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nicht einfacher geworden. Mein Ziel ist, diesen gesamten Prozess für die Durchführenden möglichst zu vereinfachen.
Denkbar wäre zum Beispiel eine Software, in der man sich mit verschiedenen Klicks ein Studiendesign mit Sensoren zusammenstellen kann. Die Software erstellt automatisch eine App, die die eingesetzten Sensoren erkennt, Daten überspielt, Datenschutzkonform aufbewahrt und einen Bericht für den Datenschutzbeauftragen erstellt. Es ist eines meiner Ziele, hier eine große Unterstützung zu sein. Um diesen gesamten Prozess zu verschlanken."
Abschließende Frage: Betreiben Sie selbst eigentlich Sport?
"Ich fahre gerne Fahrrad. Das geht auf dem Weg von und hin zur Arbeit. Früher habe ich Badminton gespielt und gerudert. Aktuell bewegen mich aber mehr meine beiden kleinen Kinder [lacht]."
Kontakt:
Prof. Dr. Stephan Jonas
Fakultät für Informatik & Fakultät für Sport- und Gesundheitswissenschaften
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
E-Mail: Stephan.Jonas(at)tum.de
Interview: Dr. Fabian Kautz
Foto: TUM/Astrid Eckert