Subsahara-Afrika ist die Region, die weltweit am meisten vom „Human Immunodeficiency Virus“, kurz HIV, betroffen ist. HIV schädigt die körpereigenen Abwehrkräfte, weshalb der Körper eindringende Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze oder Viren nicht mehr bekämpfen kann. Dadurch können lebensbedrohliche Erkrankungen entstehen, wie beispielsweise schwere Lungenentzündungen.
Insbesondere junge Frauen und Mädchen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren sind in vielen Teilen von Subsahara-Afrika einem bis zu dreimal höheren Infektionsrisiko ausgesetzt als ein gleichaltriger Mann. Aufgrund von Geschlechts- und anderen Ungleichheiten, Gewalt, Stigmatisierung, Diskriminierung sowie ultrakonservativen Gesetzen können sich Frauen und Mädchen oftmals nicht umfassend vor HIV schützen. Insbesondere auch der niedrige soziale Status von Frauen und Mädchen ist einer der wichtigsten Gründe für die rasante Ausbreitung von HIV in Subsahara-Afrika.
Der Lehrstuhl für Epidemiologie von Ordinaria Prof. Dr. Stefanie Klug hat sich im Rahmen einer Studie mit dem „Empowerment“ von Frauen beschäftigt, welches einen wichtigen Faktor für die HIV-Prävention darstellt. Aus diesem Grund wurde der Zusammenhang zwischen dem „Empowerment“ von Frauen sowie HIV-bezogenen Indikatoren untersucht. Die Ergebnisse wurden unter dem Titel „The Association of Women’s Empowerment with HIV-Related Indicators: A Pooled Analysis of Demographic and Health Surveys in Sub-Saharan African“ im „Journal of Epidemiology and Global Health“ veröffentlicht. Die Fachzeitschrift hat einen Impact Faktor von 7,3.
Für die Analyse wurden die neuesten demografischen und gesundheitlichen Erhebungen verwendet, die neben anderen Biomarkern auch HIV-Tests in 31 Ländern in Subsahara-Afrika umfassen. Das „Empowerment“ von Frauen wurde anhand des „Survey-based Women's EmPowerment“ (SWPER)-Index gemessen und mit den HIV-bezogenen Indikatoren verglichen. Dazu gehören der HIV-Status, HIV-Tests (jemals und in den letzten zwölf Monaten), Kondomgebrauch beim letzten risikoreichen Geschlechtsverkehr, die Fähigkeit, den Partner zu bitten, ein Kondom zu benutzen, und die Fähigkeit, Sex abzulehnen.
„Bei vier von fünf HIV-Neuinfektionen in Subsahara-Afrika sind junge Frauen betroffen“, erklärt Theresa Schierl, jetzt wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Social Determinants of Health und Erstautorin der Publikation. Diese ist aus einer Masterarbeit am Center for Global Health der medizinischen Fakultät der TUM in Kooperation mit dem Lehrstuhl für Epidemiologie entstanden. „Wir wollten wissen, woran es liegt, dass sich insbesondere junge Frauen anstecken und welche Faktoren dazu beitragen können. Aus diesem Grund haben wir den SWPER-Index verwendet, um Faktoren wie den HIV-Status oder die Nutzung eines Kondoms analysieren zu können. Dadurch konnten wir ein ganzheitliches Bild der Frau widerspiegeln.“
Insgesamt wurden die Daten von 208.947 Frauen in die Studie einbezogen, wobei davon 100,924 (48%) als „highly empowered“ und 21,933 (10%) als „lowly empowered“ eingestuft wurden. Insbesondere in Südafrika (88%), Angola (82%), Ghana (78%), Namibia (76%) und Simbabwe (74%) haben Frauen ein hohes „Empowerment“, während Chad (29%), Senegal (23%), Niger (21%), Burkina Faso (19%) und Mali (13%) die niedrigsten Werte aufzuweisen hatten. Zum einen waren Frauen in städtischen (58%) im Vergleich zu ländlichen Gebieten (46%) sowie Frauen mit einer besseren Bildung (79% im Vergleich zu 36% ohne Bildung) mehr selbstbestimmt.
Jedoch konnte kein Zusammenhang zwischen dem „Empowerment“ von Frauen und deren HIV-Status festgestellt werden. Frauen mit hohem Empowerment hatten eine höhere Wahrscheinlichkeit, jemals auf HIV getestet worden zu sein, aber eine geringere Wahrscheinlichkeit, in den letzten zwölf Monaten auf HIV getestet worden zu sein. Zudem waren Probandinnen mit einem hohen Maß an Selbstbestimmung häufiger in der Lage, ihren Partner zu bitten, ein Kondom zu benutzen und Sex zu verweigern.
„Wir konnten feststellen, dass das ‚Empowerment‘ von Frauen nicht mit dem HIV-Status zusammenzuhängen scheint, aber in einem engen Zusammenhang mit der Fähigkeit einer Frau steht, Entscheidungen über ihr Sexualverhalten zu treffen“, fasst Prof. Klug die Ergebnisse zusammen und stellt zugleich die Bedeutung der Studie heraus: „Das ‚Empowerment‘ von Frauen und jungen Mädchen kann dazu beitragen, das Ziel der Vereinten Nationen zu erreichen, HIV/AIDS bis 2030 als Gesundheitsgefahr zu eliminieren. Dafür sind laut UN jedoch insbesondere auch die Beachtung wissenschaftlicher Erkenntnisse erforderlich. Zudem braucht es eine starke politische Führung, die Bekämpfung von Ungleichheiten sowie eine nachhaltige Finanzierung.“
Zur Homepage des Lehrstuhls für Epidemiologie
Zur Publikation „The Association of Women’s Empowerment with HIV-Related Indicators: A Pooled Analysis of Demographic and Health Surveys in Sub-Saharan Africa” im „Journal of Epidemiology and Global Health”
Kontakt:
Prof. Dr. Stefanie Klug, MPH
Lehrstuhl für Epidemiologie
Georg-Brauchle-Ring 56
80992 München
Telefon: 089 289 24950
E-Mail: sekretariat.klug.epidemiologie(at)mh.tum.de
Theresa Schierl
Lehrstuhl für Social Determinants of Health
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Telefon: 089 289 24192
E-Mail: theresa.schierl(at)tum.de
Text: Romy Schwaiger
Fotos: „Journal of Epidemiology and Global Health”/Astrid Eckert/TUM/privat