Menschen auf der ganzen Welt sind täglich verschiedensten Lichtquellen ausgesetzt – ob durch natürliches Tageslicht oder künstliche Beleuchtung. Die Lichtexposition hat einen erheblichen Einfluss auf unser Wohlbefinden und Verhalten. Besonders im Bereich des Schlafes spielt Licht eine zentrale Rolle für die zirkadiane Gesundheit und die innere Uhr. Neuere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die Lichtexposition möglicherweise auch Auswirkungen auf die Entwicklung von Myopie (Kurzsichtigkeit) bei Kindern haben könnten. Dabei variieren die Lichtgewohnheiten stark: sie hängen sowohl von Umweltbedingungen als auch vom individuellen Lebensstil ab. Auch kulturelle Unterschiede und klimatische Gegebenheiten in unterschiedlichen Ländern tragen zu den vielfältigen Auswirkungen bei.
Weltweit sammeln verschiedene Forschungsgruppen Daten zur „visuellen Lichteinspeisung“, um unter anderem die Auswirkungen dieser Exposition auf die Gesundheit zu verstehen. Was zur Zeit fehlt ist ein harmonisierter Ansatz zur Erhebung, Speicherung, Verarbeitung sowie Analyse der Lichtexpositionsdaten. Prof. Dr. Manuel Spitschan, Leiter der Professur für Chronobiologie & Health, will mit dem Projekt „Global Light Exposure Engine“ (GLEE) eine Grundlagenarbeit zur großangelegten Datensynthese bereitstellen, die zur Lösung von effektiven Gesundheitsmaßnahmen in Bezug auf Lichtexposition erforderlich ist. Diese Forschungsarbeit wird durch eine nicht zweckgebundene Spende von Reality Labs Research, einer Abteilung von Meta, unterstützt.
„Wir möchten mit dem Projekt eine zentrale Datenbank schaffen, die es Forschenden weltweit ermöglicht, Daten abzulegen und unter reproduzierbaren Methoden zu analysieren. Dazu schaffen wir eine Infrastruktur zur Speicherung sowie neue Analysewerkzeuge für innovative Messtechnologien, insbesondere im Bereich der Wearables“, erläutert Prof. Spitschan.
Gemessen werden solche Lichtexpositionsdaten mit dafür ausgelegten Gadgets. Dies können speziell angepasste Brillen sein, die Spektral-, Leuchtdichte-, Bewegungs- und Entfernungssensoren beinhalten und beim Tragen Daten zum Verständnis der visuellen Umgebung eines Benutzers sammeln, oder auch Smartwatches, die am Handgelenkt getragen werden. „Durch die Verarbeitung standardisierter Metadaten und Methoden verbessert GLEE die Reproduzierbarkeit und Zugänglichkeit von Lichtexpositionsdaten“, beschreibt Spitschan. „Forschende erhalten so die Möglichkeit für umfassendere und zugleich auch präzisere Analysen.“ Parallel zum Aufbau des Projekts leitet Prof. Spitschan auch die Arbeitsgruppe „Optical Radiation and Visual Experience” in der Research Data Alliance mit, in der konsensbasiert Standards für Metadaten entwickelt werden.
Wie Lichtexpositionen erfasst werden, zeigt das von Prof. Spitschan bereits geleitete und von der EURAMET e.V. (European Association of National Metrology Institutes) geförderte Projekt „MeLiDos”. Als Teil der Projektes werden zum ersten Mal Daten mit harmonisierten Methoden an unterschiedlichen Orten weltweit gemessen. Ziel ist es, in einer internationalen multizentrischen Studie mit Standorten in Deutschland, den Niederlanden, Spanien, Schweden Ghana und der Türkei umwelt- und soziokulturelle Einflüsse auf die Lichtexpositionsmuster zu analysieren. „Aus den gewonnenen Daten sollen lebensstil- und kontextspezifische Faktoren identifiziert werden, die zu einer gesunden Lichtexposition beitragen und als Grundlage für wirksame Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit dienen“, erklärt Spitschan. Im Rahmen des MeLiDos-Projekts wurde auch bereits die Open-Source-Software LightLogR entwickelt, die die reproduzierbare Analyse von Lichtexpositionsdaten ermöglicht.
Daten wie diese werden dann in der Datenbank des GLEE-Projekts eingepflegt. Langfristig soll das Vorhaben zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit beitragen. Die Unterstützung klinischer Anwendungen ist dabei ein ebenso avisiertes Ziel wie auch, relevante Impulse für politische Entscheidungen im Bereich der Lichtexposition und Gesundheit bereitzustellen. „Ein wichtiger Bestandteil des Projekts wird letztlich die Einbindung der wissenschaftlichen Community sein. Im kommenden Jahr werden wir ein Micro-Grant-Programm einführen, bei dem Nachwuchswissenschaftler mitarbeiten können“, so Prof. Spitschan abschließend.
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Kontakt:
Prof. Dr. Manuel Spitschan
Rudolf Mößbauer Professur für Chronobiology & Health
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24544
E-Mail: manuel.spitschan(at)tum.de
Text: Bastian Daneyko
Fotos: Privat