Kopfverletzungen sind ein heikles Thema im Sport. Egal ob Football oder Boxen – die Medienberichte über Sportstars, die auf Grund von chronisch-traumatischer Enzephalopathie (CTE) beziehungsweise dem „Boxer-Syndrom“ Leistungsstörungen aufwiesen und teilweise auch früher als ihre Altersgenossen verstarben, stiegen in den letzten Jahren rapide an. Grundlage hierfür sind Forschungserkenntnisse aus den jeweiligen Sportarten – hierbei zeigt sich, auch im Fußball lauern Gefahren.
Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer, Ordinarius des Lehrstuhls für Bewegungswissenschaft,untersucht mit seinem Team den „Einfluss von Kopfbällen beim Fußball auf die Hirnfunktion und -struktur bei Frauen“. Im Interview mit dem NDR-Gesundheitsmagazin VISITE am Dienstag, 11. Juli 2023, erläuterte der Bewegungswissenschaftler, welche Risiken bei Kopfbällen entstehen können.
Fußballerinnen unterliegen einer besonderen Verletzungsgefahr. Insbesondere die Nackenmuskulatur sei oftmals weniger stark ausgeprägt als bei Männern, doch auch weitere körperliche Komponenten spielen eine Rolle: „Frauen haben im Schnitt einen kleineren Kopf als Männer, der dementsprechend etwas leichter ist. Wenn ein Gegenstand mit einer bestimmten Geschwindigkeit einen leichteren Gegenstand trifft, ist die Wirkung somit größer“, erläutert Hermsdörfer in dem TV-Beitrag..
Über einen Zeitraum von zwei Jahren untersuchten die Wissenschaftler des Lehrstuhls für Bewegungswissenschaft zwei Münchner Frauenteams mit insgesamt 28 Fußballerinnen. Bei kognitiven Tests mit Kopfbällen konnten keine signifikanten Ergebnisse festgestellt werden. In einzelnen nicht-kognitiven Aspekten wie z. B. der Feinmotorik und der Gleichgewichtsleistung zeigten die Fußballerinen allerdings subtile Verschlechterungen. „Man muss die Untersuchung längerfristig durchführen, um am Ende zu wissen, ob die Spielerin mit den meisten beziehungsweise stärksten Kopfbällen das größte Problem entwickelt“, erklärt Hermsdörfer die grundlegende Problematik.
Auch in England hat eine Aufklärungskampagne über die Risiken von Kopfbällen begonnen – allein aus der Mannschaft der 1966er Weltmeister sind bereits vier Spieler an Demenz verstorben. Ob Kopfbälle hier allerdings definitiv der Auslöser waren und ob die Ergebnisse eins zu eins auf die heutigen Verhältnisse übertragen werden können, sieht Prof. Hermsdörfer kritisch: „Das kann man schlecht einschätzen, ob es an den Kopfbällen lag. Damals waren die Bälle auch aus Leder und deutlich schwerer. Die Frage ist, ob diese Zahlen auf die heutigen Fußballer übertragen werden können.“
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Kontakt:
Prof. Dr. Joachim Hermsdörfer
Lehrstuhl für Bewegungswissenschaft
Georg-Brauchle Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24550
E-Mail: joachim.hermsdoerfer(at)tum.de
Text: Bastian Daneyko
Foto: NDR