Die Welt wird zunehmend komplexer und dieser Wandel macht auch vor der Fülle an Gesundheitsinformationen nicht halt. Täglich ist die Bevölkerung einer Flut von Informationen ausgesetzt, sei es über Nachrichten in den klassischen Massenmedien oder über Social-Media-Kanäle. Dies kann ebenso hilfreich wie verwirrend sein. Inmitten dieser Vielfalt gewinnt die Gesundheitskompetenz zunehmend an Bedeutung – eine Schlüsselqualifikation, die es ermöglicht, Gesundheitsinformationen gezielt zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und verantwortungsvoll anzuwenden. Doch wie kann diese essenzielle Fähigkeit wirksam gefördert werden?
Prof. Dr. Orkan Okan, Leiter der Professur für Health Literacy und des WHO Collaborating Center for Health Literacy, und Dr. Alexandra Fretian, wissenschaftliche Mitarbeiterin, wollen mit dem Projekt Qualindo-GK zur Stärkung der Gesundheitskompetenz beitragen. Die Universität Potsdam mit Prof. Dr. Kevin Dadaczynski tritt dabei als Partnerin im Projekt auf. Das Vorhaben wird außerdem von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unterstützt und mit einer Summe von 230.000 Euro gefördert.
„Bislang fehlen der Interventions- und Evaluationsforschung im Bereich der Gesundheitskompetenz Systematik und Evidenz. Wenig ist darüber bekannt, welche Maßnahmen effektiv helfen, die Gesundheitskompetenz zielgruppengerecht zu stärken“, so Prof. Okan.
Qualitätsindikatoren sollen entwickelt werden, um Interventionen und Fördermaßnahmen im Bereich der Gesundheitskompetenz fundiert zu bewerten und effektiv zu verbessern. „Unser Ziel ist es, klare und verlässliche Kriterien zu schaffen, die die Qualität solcher Interventionen messbar machen“, erklärt Dr. Fretian. Dabei stehen Maßnahmen im Mittelpunkt, die Menschen dabei unterstützen, gut informierte Entscheidungen zu ihrer Gesundheit zu treffen. „Eine gesteigerte Gesundheitskompetenz ist nachweislich mit besseren gesundheitlichen Entscheidungen verbunden – genau darauf richten wir unsere Arbeit aus.“
Ob in Kitas, Schulen, Kommunen oder digitalen Settings – das Projekt legt den Fokus auf Lebenswelten, in denen Menschen aller Altersgruppen von Kindern bis zu Erwachsenen erreicht werden können. Für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und andere Akteurinnen und Akteure der Gesundheitsförderung, sollen die erarbeiteten Kriterien ein praktikables Werkzeug bieten, um die Qualität von Maßnahmen zu bewerten und zu verbessern.
Die Entwicklung der Qualitätskriterien wird dabei systematisch und praxisnah gestaltet. Als erster Schritt ist eine umfangreiche Literaturrecherche angedacht, um bestehende Erkenntnisse zusammenzutragen. Darauf aufbauend sollen Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis in einem mehrstufigen Delphi-Verfahren einbezogen werden. Ziel ist ein kontinuierlicher Austausch, bei dem die Ergebnisse immer wieder durch praktische Rückmeldungen verfeinert werden.
„Wir setzen bewusst auf einen partizipativen Ansatz“, so die wissenschaftliche Mitarbeiterin. „Es ist uns wichtig, dass die Zielgruppen, für die die Maßnahmen entwickelt werden, von Anfang an eingebunden werden – sei es durch die Definition von Zielen oder die Gestaltung der Interventionen. Partizipation ist nicht nur ein Qualitätskriterium an sich, sondern kann auch die Erfolgschancen von Maßnahmen erhöhen.“
Ein besonderes Merkmal des Projekts ist die offene Prozessgestaltung. Die erarbeiteten Qualitätskriterien werden in einem sogenannten „Living Document“ festgehalten. Dieses Dokument bleibt durch regelmäßige Updates flexibel und passt sich an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Erfahrungen an. „Unsere Vision ist eine Plattform, die öffentlich zugänglich und nutzerfreundlich gestaltet ist, sodass die Gesundheitsförderung langfristig davon profitieren kann“, erläutert Dr. Fretian.
Das Projekt Qualindo-GK zielt darauf ab, sowohl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als auch Praktikerinnen und Praktikern Orientierung zu bieten. „Es gibt bislang keine einheitlichen Qualitätskriterien für Interventionen im Bereich der Gesundheitskompetenz“, betont Fretian. „Für öffentliche Institutionen, NGOs oder Organisationen, die Gesundheitskompetenz fördern möchten, schaffen wir damit eine fundierte Grundlage, um die Qualität ihrer Maßnahmen zu prüfen und zu verbessern.“
Die Veröffentlichung der Checkliste ist hierfür ein entscheidender Schritt, um den Weg zu besseren Gesundheitsentscheidungen zu ebnen. „Eine stärkere Gesundheitskompetenz ist ein Gewinn für alle“, resümiert Prof. Okan. „Sie bedeutet nicht nur bessere Entscheidungen und weniger Krankheitsverläufe, sondern auch mehr Lebensqualität und Eigenverantwortung.“
Zur Homepage der Professur für Health Literacy
Zur Homepage des Projekts Qualindo-GK
Kontakt:
Prof. Dr. Orkan Okan
Professur für Health Literacy
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24986
E-Mail: Orkan.Okan(at)tum.de / info.healthliteracy(at)tum.de
Dr. Alexandra Fretian
Professur für Health Literacy
Georg-Brauchle-Ring 60/62
80992 München
Tel.: 089 289 24 991
E-Mail: Alexandra.fretian[at]tum.de
Text: Bastian Daneyko
Fotos: Privat