Herzinsuffizienz (Herzmuskelschwäche) zählt in Deutschland zu den häufigsten Todesursachen. Als Folge dieser Erkrankung ist das Herz nicht mehr in der Lage, den Körper ausreichend mit Blut und Sauerstoff zu versorgen. Die Prognose für solche Patient_innen ist bisher relativ schlecht. Doch nun machen neue Forschungsergebnisse Hoffnung.
"Mit einer Sporttherapie können Betroffene ihre Prognose deutlich verbessern", erklärt Prof. Dr. Martin Halle, Ärztlicher Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin. In einer Studie mit neun europäischen Zentren - federführend war das Team von Prof. Halle - wurde erforscht, welche Trainingsform sich wie auf ein geschädigtes Herz auswirkt.
Das Ergebnis: Ein körperliches Training führt nicht - wie bisher angenommen - zu einer schädigenden Erweiterung der Herzkammer. "Im Gegenteil konnten wir sogar eine Verkleinerung der linken Herzkammer und damit eine Verbesserung der Pumpfunktion beobachten", sagt Prof. Halle. Die geringste klinische Ereignisrate und damit die größte Verbesserung zeigte sich bei denjenigen, die ein moderates Training durchgeführt hatten. "Moderates Training bedeutet rund 100 Schritte pro Minute bzw. 3.000 Schritte in 30 Minuten. Von höheren Intensitäten sollte dagegen eher abgeraten werden", erläutert der habilitierte Mediziner.
Publikation mit Impact Factor 17
Die Ergebnisse der Studie wurden nun von der hochrangigen reviewten Zeitschrift "Circulation" veröffentlicht. Das Journal der American Heart Association hat einen Impact Factor von 17.
Auslöser für die Herzmuskelschwäche kann beispielsweise ein Herzinfarkt oder langjährig erhöhter Blutdruck sein. Bei dieser Konstellation verspüren Patient_innen eine eingeschränkte Belastbarkeit, häufig bedingt durch Rückstau von Flüssigkeit in die Lunge oder dessen Ansammlung in den Beinen und hier vor allem den Unterschenkeln.
Medikamentöse Therapie und Herzschrittmacher statt Training
"Für Herzinsuffizienz stand bisher die medikamentöse Therapie ganz im Vordergrund. Ergänzt wurde dies dann durch eine Resynchronisation, eine Schrittmacherfunktion am Herz zur Optimierung der Kontraktion des Herzmuskels sowie eine Implantation eines Defibrillators, die einen plötzlichen Herztod durch Herzrhythmusstörungen verhindern soll", sagt Halle.
Körperliches Training wurde Patient_innen dagegen lange strikt verboten, da befürchtet wurde, dass sich dadurch die Pumpfunktion des Herzens weiter verschlechtert. Doch in den vergangenen Jahren haben Studien bereits gezeigt, dass ergänzendes körperliches Training positive Effekte auf die Belastbarkeit hat und die Wiederaufnahme in eine Klinik wegen Verschlechterung der Symptomatik (Rehospitalisationsrate) reduziert.
Studie von neun europäischen Zentren mit insgesamt 261 Patient_innen
Doch: Welche Dosis Sport hat die besten Effekte? In den europäischen kardiologischen Leitlinien ist bisher definiert, dass ein moderates Ausdauertraining möglichst täglich durchgeführt werden soll. Studien der vergangenen Jahre zeigten dagegen, dass kürzere Einheiten mit höherer Intensität bei Herzinsuffizienz sogar bessere Effekte auf die Pumpfunktion des Herzens haben. Entsprechend wird hier angegeben, dass ein Intervalltraining sogar bis zu einer Intensität von 90 bis 95 Prozent der maximalen Herzfrequenz im Wechsel mit moderater Belastung von rund 60 Prozent die optimalsten Effekte hat.
Diese Empfehlungen wurden nun durch das Konsortium von neun europäischen Zentren an einem größeren Kollektiv von 261 Patient_innen getestet. Dafür wurden diese zufällig in drei Gruppen verteilt: eine Kontrollgruppe, eine Trainingsgruppe mit moderater Intensität sowie eine dritte Gruppe, die ein Intervalltraining absolvierte. Mit allen drei Gruppen wurde über drei Monate ein betreutes Training durchgeführt und zusätzlich eine Empfehlung zur Fortführung der Intervention für weitere neun Monate gegeben.
Moderates Training mit besten Effekten
Die Gruppe mit moderatem Training wies die geringste klinische Ereignisrate auf. Jene mit intensivem Training (Intervalltraining) sowie die Kontrollgruppe hatten dagegen eine höhere Rehospitalisationsrate. "Insgesamt unterstreicht diese Studie, dass ein körperliches Training mit moderater Intensität für alle Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz zu empfehlen ist. Von höheren Intensitäten sollte eher abgeraten werden", fasst Halle zusammen.
Vorteile einer individuellen Sporttherapie für Herzpatient_innen
- Entlastung für das Herz
- Stärkung des Herzens durch Verbesserung der Herzmuskel-Funktion
- Erweiterung der Blutgefäße und Bildung neuer Blutgefäße
- Senkung erhöhten Blutdrucks und der Blutfettwerte
- Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme aus dem Blut
- Senkung des Risikos für herz- und gefäßbedingte Notlagen wie Herzinfarkt und Schlaganfall
- Erhöhung des Atemvolumens
- Erhöhung der Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit
Zur Homepage des Zentrums für Prävention und Sportmedizin
Die Studienergebnisse im Journal Circulation
Kontakt:
Prof. Dr. med. Martin Halle
Zentrum für Prävention und Sportmedizin
Klinikum rechts der Isar
Uptown München, Campus C
Georg-Brauchle Ring 56
80992 München
Telefon: 089 289 24441
E-Mail: info(at)sport.med.tum.de
Text: Prof. Dr. Martin Halle, Fabian Kautz
Fotos: TUM; Circulation