482.510 Menschen erkrankten in Deutschland 2013 an Krebs. Nach einer Schätzung des Robert-Koch Instituts leben in der Bundesrepublik rund vier Millionen Menschen, die im Verlauf ihres Lebens Krebs hatten. Einer der Auslöser für eine Krebserkrankung können Humane Papillomviren (HPV) sein.
Der Lehrstuhl für Epidemiologie von Ordinaria Prof. Dr. Stefanie J. Klug untersuchte gemeinsam mit der Abteilung Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring des Robert-Koch Instituts in Berlin in einer Studie die Bedeutung dieser Viren für die Entstehung verschiedener Krebsarten. Die Studie wurde im Oktober in der reviewten Fachzeitschrift "BMC Cancer" publiziert. Die Open Access Zeitschrift hat einen Impact Factor von 3,288.
Mindestens 13 HPV-Arten können Krebs verursachen
"Humane Papillomviren sind DNA-Viren, die den Menschen befallen. Insgesamt existieren mehr als 150 verschiedene Arten", erklärt Prof. Klug. Mindestens 13 HPV-Typen können Krebs verursachen. Dabei greifen die Viren Epithelzellen an wie beispielsweise Zellen der Haut, der Speiseröhre, des Anus, der Vagina oder des männlichen Genitals, mit der Folge, dass dort Tumore entstehen können.
Doch: Wie viele Krebsfälle in Deutschland gehen auf diese Viren zurück? Im Rahmen der Untersuchung nahmen die Forscher_innen hierzu eine erste datenbasierte Schätzung für Deutschland vor. Dafür wurden Krebsregisterdaten ausgewertet, um zu beantworten, welchen Anteil eine Infektion mit HPV an diesen Krebsfällen hat. "Für verschiedene Krebsarten bestehen in der Literatur divergierende Angaben mit welcher Häufigkeit diese durch HPV ausgelöst werden", erklärt Prof. Klug.
Weitgehende Einigkeit besteht bezüglich des Zervixkarzinoms (Gebärmutterhalskrebs). Diese Tumorerkrankung resultiert zu mehr als 99 Prozent aus einer HPV-Infektion. Bei anderen Krebsarten schwanken die Angaben mitunter zwischen einem Anteil von 16 und 90 Prozent. "Wir haben für die Publikation bewusst sehr konservative Werte zugrunde gelegt und sind damit sehr vorsichtig vorgegangen. Die Zahl der Fälle wurde von uns somit eher unter- als überschätzt", sagt die habilitierte Epidemiologin.
Rund 7.597 Krebserkrankungen als Folge einer HPV-Infektion
Ein zentrales Ergebnis: Von den 15.936 im Jahr 2013 diagnostizierten Krebserkrankungen von Zervix, Anus, Vulva, Vagina, Penis und Oropharynx resultierten rund die Hälfte (mindestens 7.597 Fälle) aus einer HPV-Infektion. Betroffen sind insbesondere Frauen. Die am häufigsten verursachte Krebsart ist der Gebärmutterhalskrebs.
"Unsere Daten stellen für Deutschland die Grundlage für weitere Langzeituntersuchungen bezüglich der HP-Viren und der Entstehung von Krebs dar", resümiert Prof. Klug. Eine Strategie zur Eindämmung von Neuinfektionen liegt in der HPV-Impfung. Gegen 7 der 13 bis 15 krebserregenden HP-Viren gibt es eine Impfmöglichkeit. Darunter ist auch der häufig vorkommende HPV-Typ 16. Nach der aktuell gültigen Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) sollen alle Mädchen im Alter von 9 bis 14 Jahren vor Aufnahme der sexuellen Aktivität gegen HPV geimpft werden.
Speziell gegen das Zervixkarzinom plant die Bundesregierung zudem eine erweiterte Früherkennung, die dann auch einen Nachweis einer HPV-Infektion (HPV-Test) beinhalten wird. "Unsere Studie bietet Daten, die für die erweiterte Früherkennung und für die Impfung als Referenzwerte dienen. Auf dieser Grundlage kann im Zeitverlauf analysiert werden, wie viele Tumore hierdurch verhindert werden können", bilanziert Prof. Klug.
Zur Publikation im Journal BMC Cancer
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Prof. Dr. Stefanie J. Klug
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Text: Fabian Kautz
Foto: TUM